ZUSÄTZLICHE ETAPPEN

01. STEILPASS: Rundwanderung bei Chiusaforte
02. HÜBEN UND DRÜBEN: Rundwanderung bei Moggio Udinese
03. DAS VERLASSENE DORF: Kurze Wanderung von Pradis nach Riolade
04. HÖHLEN, WÄLDER, FESTUNGEN: Rundwanderung bei Villanova delle grotte
05. Zwei Burgen: Rundwanderung bei Faedis
06. GROSSE ERHEBUNG: Wanderung von Stupizza über Montefosca und Antro nach Pulfero


01. STEILPASS: Rundwanderung bei Chiusaforte

Patocco, ein verträumtes Bergdorf, das viel von seiner Ursprünglichkeit bewahrt hat, ist das Ziel dieser anspruchsvollen Halbtagestour. Im ersten Teil gilt es einen langen und steilen Anstieg zu bewältigen, der durch den schlechten Zustand des Weges erschwert wird, aber wegen der spektakulären Streckenführung ein Erlebnis ist. Anfänglich noch vom Verkehrslärm begleitet, genießt man bald die völlige Ruhe und später, falls man sich zu diesem Abstecher entschließt, den weiten Blick vom Gipfel des Monte Jama auf den Canale del Ferro. Ein schöner Mischwald und felsiges Terrain kennzeichnen den ebenso steilen Abstieg nach Patocco. Sobald das Dorf erreicht ist, hat aber die Anstrengung ein Ende. Man streift im Ort umher und erfreut sich am Anblick seiner alten Steinhäuser, die durch die schöne Lage noch gewinnen. Sanfte Wiesen mit verstreuten Bäumen und kleinen Gärten laden zum Verweilen. Zeit lassen sollte man sich auch bei der Rückkehr durch den Patoc-Graben. Ein gut erhaltener Kulturweg führt hoch über dem Bach und unter steilen Felswänden talauswärts. Die alte Pflasterung und ein steinernes Brücklein machen den Abstieg zur Zeitreise. Erst an der Einmündung ins Fellatal, im Anblick der Autobahn, wird man wieder von der Realität eingeholt.

Hinweise zur Wanderung
LÄNGE:
9 km
ANSTIEGE: 700 m
GEHZEIT: 4:30 Std.
ANFORDERUNGEN: Gute Kondition und Trittfestigkeit
Karte: Tabacco-Wanderkarte 018, Alpi Carniche Orientali – Canal del Ferro, 1:25.000
Einkehrmöglichkeiten: Chiusaforte
Anfahrt: A 23, Abfahrt Pontebba, weiter auf der SS 13 Richtung Udine bis Chiusaforte; von dort auf der SP 76 über den Fluss nach Raccolana.

Wegbeschreibung

Ausgangspunkt ist die Ortschaft Raccolana vis-à-vis von Chiusaforte, wo man den PKW unterhalb der Autobahnbrücke abstellt. Man geht einige Schritte auf der Straße Richtung Sella Nevea taleinwärts und wendet sich nach links in einen ansteigenden Pfad (Markierung Nr. 644, Wegweiser »Patoc«). Sehr steiler Anstieg auf stellenweise etwas verwachsenem und undeutlich markiertem Weg bis zu einem Sattel (2:00 Std.).
[Von hier empfiehlt sich ein Abstecher nach links zum Gipfel des Monte Jama. Schönes Panorama. Zusätzlicher Zeitaufwand: 0:45 Std.]
Man geht rechts und steigt gut 30 Min. bis zu einem Sträßchen ab; auf diesem nach links bis Patocco (2:45 Std.). Besichtigung des Weilers.
Vom Parkplatz unterhalb der Kirche folgt man einem Schottersträßchen bis zu einer Dreifachgabelung, wo man den mittleren Weg nimmt (Markierung Nr. 620). Man verlässt den Ort, passiert bald den Friedhof und später das Fundament einer Seilbahnstation aus dem Ersten Weltkrieg. Auf schönem Weg rechts des Rio Patoc talwärts. Nach 1 Std. wechselt man auf die linke Talseite, steigt kurz an und wandert, begleitet vom Autobahnlärm, hoch über den Fella-Tal bis Raccolana. Vor der Kirche eine Querstraße; man wendet sich nach links und kehrt zum Ausgangspunkt zurück (4:30 Std.).

Am Wege

Chiusaforte | KluŽe | Scluse | Klausen

Es ist ein Ort des Niedergangs; kaum ein Bewohner, der den tempi passati nicht nachtrauert. Gemeint sind in diesem Fall die 1960er und 70er Jahre, in denen der Ort rund um die Uhr vom Durchzugsverkehr lebte und dafür den dazugehörigen Lärm gerne in Kauf nahm. Die Beschallung ist geblieben, doch brausen die Autos heute auf der Superstrada an der Ortschaft vorbei. Der erste große Einbruch erfolgte 1976 mit dem Erdbeben, bei dem die meisten Beherbergungsbetriebe zerstört wurden, der zweite zehn Jahre später mit Fertigstellung der Autobahn. Einen weiteren Tiefschlag stellte die Stilllegung der alten Eisenbahnstrecke im Jahr 1998 bei gleichzeitiger Schließung der großen Kaserne dar. Fast über Nacht sank die Einwohnerzahl um 700 Personen und damit der Bedarf an Dienstleistungen. Also muss heute ein Großteil der Erwerbstätigen in den Großraum Udine pendeln.
Seinen Namen und die ursprüngliche Bedeutung verdankt Chiusaforte seiner Lage an einer markanten Engstelle des Fellatales. Schon 800 v. Chr. soll hier eine Festung errichtet worden sein, um den transalpinen Handelsweg zu schützen. Aus dem Mittelalter sind Otto III. und der Patriarch von Aquileia als Erbauer bzw. Erhalter einer Burg überliefert. Später diente diese dem Schutz gegen die Türken, die wiederholt in die friulanische Ebene einfielen. 1833 verfügten die Habsburger die Abtragung der Anlage; deren spärlichen Reste finden sich in der Nähe der alten Eisenbahnbrücke. Die Fortezza alto Tagliamento-Fella, ein Panzerfort, das 1904 gegen die Österreicher errichtet wurde, befindet sich westlich der Ortschaft.
So nachteilig die Umfahrungsstraße in wirtschaftlicher Hinsicht ist, so positiv sind die Auswirkungen auf das Ortsbild. Wer sich etwas Zeit nimmt, wird Chiusaforte bei aller Tristesse als Siedlung von besonderem Charakter erleben. Einen Vorgeschmack bietet die Via culturis am nördlichen Ortseingang mit einer elegant geschwungenen Gebäudekulisse, aus der das weiß getünchte Haus Nr. 27 mit einem ungewöhnlich schlanken, zweigeschoßigem Torbogen hervorsticht. Die bunte Fortsetzung findet sich in der Via Roma mit einer Reihe sorgfältig renovierter historischer Häuser. Ein stattliches Herrenhaus ist mit der Casa Fontebasso erhalten geblieben. Den sakralen Kontrapunkt setzt der Dom auf dem markanten Kirchenhügel, durch den das Ortszentrum eine zweite Etage erhält. Und mit der Via Campolaro, die von einer schrägen Bogenbrücke überspannt wird, besitzt Chiusaforte sogar eine Gasse von nahezu süditalienischem Flair. Entsprechende Milieustudien können in den beiden Dorfbars angestellt werden.

Patocco | Potok | Patoc
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war das weltabgewandte Bergdorf nur über einen befestigten Saumpfad durch den Patoc-Graben erreichbar; die in den Fels gesprengte Straßenverbindung zum Raccola-Tal ist keine 100 Jahre alt. Sie ermöglichte im Ersten Weltkrieg den Bau einer Seilbahn zur Versorgung der Gebirgsfront, womit Patocco zum wichtigen Militärstützpunkt wurde. Das wuchtige Fundament der ehemaligen Bergstation sowie eine Bunkeranlage können nordwestlich des Ortes besichtigt werden. Tausende Soldaten wurden hierher verfrachtet, ehe man sie zum Kämpfen und Sterben in die Berge schickte. Nach der Schlacht um Kobarid, bei der den Österreichern mit Hilfe des Einsatzes von Giftgas der Durchbruch in der Isonzofront gelang, lag Patocco auf der ersten und wichtigsten Rückzugslinie der Italiener. Mehrere hundert flüchtende Soldaten suchten und fanden hier Schutz.
Heute findet sich in weitem Umkreis kein friedlicherer Ort. Eingetaucht in völlige Stille und umgeben von wilden Bergen bevölkern die unverputzten Steinhäuser den unbewaldeten Sattel zwischen Monte Jama und Monte Cimone. Sie wurden, nachdem ihnen das Erdbeben 1976 arg zugesetzt hatte, nach und nach instand gesetzt, wobei man mit viel Respekt vor der traditionellen Bauweise zu Werke ging. Entsprechend harmonisch ist das Ortsbild, vor allem unterhalb der Kirche, wo die Häuser eng aneinander gebaut sind und einen malerischen Hof mit Obstbäumen und Blumenrabatten umgeben. Etwas weiter westlich finden sich alleinstehende Wohnhäuser von erstaunlicher Größe sowie ein stimmungsvoller Brunnen mit Waschplatz unter uralten Kastanienbäumen. Sehenswert ist auch das mehrstöckige Gehöft oberhalb des Parkplatzes, dessen verschachtelte Fassade die Gebirgskulisse zu zitieren scheint. Sorgfältig rekonstruierte Stiegenaufgänge und Laubengänge aus Holz gliedern die Front des Nachbarhauses.