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SOLLBRUCHSTELLEN

 

Kärnten bebt. Manchmal kaum merklich, bisweilen gewaltig. Dann begräbt – wie beim Dobratschsturz im Jahre 1348 – ein Berg gleich 17 Dörfer unter sich. Oder es brechen Dämme, Talsperren und Brücken. Tonbänder mit entsprechenden Katastrophenwarnungen liegen beim ORF bereit.

Die Gefahr kommt aus dem Süden. Afrika, der dunkle Kontinent, stemmt sich mit all seiner Masse gegen Europa. Die Erdkruste bricht und ein Riß, peri-adriatische Naht genannt, geht durch’s Land. Sie beginnt (behaupten wir) bei Eisenkappel, verläuft durch das Rosental und verläßt Kärnten bei Thörl. Die tektonischen Störungen entsprechen den kulturellen und sozialen Erschütterungen in der Region. An manchen Orten entlang dieser Bruchlinie sind die (oft verborgenen) Spannungen besonders spürbar. Sei es als scheinbare Idylle, die uns „Heimat“ vorgaukelt, wo Entfremdung herrscht, sei es in Gestalt martialischer Architektur, die mit Stahlbeton zusammenhalten will, was sich auf Dauer nicht zusammenhalten läßt.

Elf dieser Orte, einer eigentümlicher als der andere und jeder für sich einen Ausflug wert, werden von Künstlerinnen und Künstlern mittels temporärer Installationen als SOLLBRUCHSTELLEN markiert. Kleine, unspektakuläre Eingriffe in Natur und Architektur konfrontieren Ausflügler, Wanderer und Spaziergänger mit zeitgenössischer Kunst im öffentlichen Raum. Die Kunstwerke, für manche als solche vielleicht nicht gleich erkennbar, erfüllen dabei die Funktion von Meßstellen oder Sensoren. Mit dem Mittel der Irritation verleihen sie dem Unterschwelligen Gestalt 5oder spüren Verborgenes auf. So stellen sie, wo Risse entstehen, Verbindungen her, oder sie fragen, wo Brüche sind, nach dem Zusammenhang.
Dieser Frage nachzugehen und sich mit der Kunst auf ungewohnte Felder der Wahrnehmung zu begeben, laden wir Sie herzlich ein!

Ihr UNIKUM

zum Eröffnungstext von Wilhelm Berger: Soll, Bruch und Stelle