Wanderer,
die von Medana nach Gorizia gehen, treffen am Monte Calvario auf eine
monströse Säule. An ihrer Basis ist eingemeißelt: »Non
lacrime chiedono i morti ma qui chiamano i viventi a imparare come si
ama la patria«, das heißt: »Nicht Tränen verlangen
die Toten, aber sie berufen die Lebenden hierher ein, um zu lernen, wie
man das Vaterland liebt«. Der Lernprozess soll am toten Material
des Grande Guerra, des Ersten Weltkrieges anknüpfen.
Über dem ganzen südlichen Teil der Wanderung liegt zugleich
subtil und übermächtig eine gespenstische Erinnerung. Dass die
Denkmäler, die das Gedächtnis an auserwählten Punkten aufrecht
erhalten, nahezu allesamt den Krieg verherrlichen, hat seine Gründe:
Das Ossarium von Oslavia am Stadtrand von Gorizia, der Friedhof in Redipuglia,
das Museum am Monte San Michele, sie alle wurden zur Zeit des italienischen
Faschismus erbaut. Unmengen von Knochen und Körpern wechselten ihre
Gräber, um die Gedenkstätten mit einem makabrren Sinn zu füllen.
Der Baustil von Redipuglia, aber auch Stilelemente der anderen Monumente,
wurden direkt von einem Modell übernommen, dem Sacrario dei martiri
fascisti, das die Architekten Alberto Libera und Antonio Valente in der
Ausstellung Mostra della rivoluzione fascista 1932 präsentiert hatten.
So waren die Toten des Grande Guerra als Märtyrer vereinnahmt. Das
Gewicht der Architektur erdrückt jede distanzierte Haltung. Noch
immer heißen die Gedenkstätten zona sacra, heilige Zone, und
noch immer stoßen Staffeln der italienischen Luftwaffe im Tiefflug
die Farben der italienischen Flagge aus, wenn es einen Jahrestag zu begehen
gilt.
Redipuglia liegt abseits des Weges. Es lohnt aber einen Besuch für
alle, die diesen Zusammenhang und damit ein wichtiges Element der gegenwärtigen
politischen Kultur in Italien besser verstehen wollen. Der Hauptteil der
Anlage in Redipuglia ist als gigantische Parade von Toten gestaltet. Er
wurde von Vittorio Emanuele III. und Benito Mussolini 1938 eröffnet.
22 übergroße Stufen führen nach oben. Hier liegen die
Reste von 40.000 Soldaten, alphabetisch geordnet von A… Carlo, 115.
Fanteria, dessen Körper offensichtlich so verstümmelt aufgefunden
wurde, dass man nur noch seinen Vornamen rekonstruieren konnte, bis ZEPPI
Giuseppe, 156. Fanteria. Über den Namenstafeln ist hundertfach das
Wort PRESENTE ausgemeißelt. Die Toten machen dem Kommandanten Meldung,
dem Filiberto di Savoia, Duca d’Aosta, der vor der Parade und vor
den Sarkophagen von fünf anderen Generälen unter einem 75 Tonnen
schweren Monolithen liegt. Geboren 1868, Kommandierender seit 1915, 1931
friedlich gestorben in seinem Bett, wollte er »in mezzo agli eroi
della terza armata«, inmitten der Helden der dritten Armee, begraben
werden. Seine engsten Verwandten, Ehefrau Helene, seine Söhne Amedeo
und Aimone, seine Brüder Vittorio und Luigi liegen an seiner Seite.
»O morti gloriosi d’Italia«, so beginnt sein ebendort
in Stein gehauenes Testament.
Jenseits ihrer martialischen Oberfläche kann die ganze Anlage als
Symbol gelesen werden. Am Ende der Treppenanlage, hinter den Behältern
von noch einmal 60.000 unbekannten Soldaten, also im Rücken der Totenparade,
findet sich ein kleines Museum. Im Saal A Bilder der Helden mit Goldmedaillen,
der Spazierstock des Generals Giuseppe Paolini, das Foto des Bersagliere
Ciclista Ulderico Pifori, der beinamputiert zu Fahrrad weiterkämpfte.
Im Saal B die kleinen Dinge, die all die Toten zurückgelassen haben:
Messerchen, Feuerzeuge, Tabakdosen, Bilder aus dem Privatleben, Essgeschirr,
Knöpfe, Münzen, Taschenuhren, kleine, selbst gebastelte Kunstwerke,
Briefe an die Mutter. Die Gefallenen sind also von der famiglia des Duca
und dem eigenen Familiären eingefasst. Für den Soziologen Niklas
Luhmann ist ein Symbol kein Zeichen für etwas anderes, sondern: »Symbole
sind Sinnformen, die die Einheit des Verschiedenen ermöglichen; sie
sind diese Einheit, ihre äußere Form ist Darstellung dieser
Einheit.« Genau in dieser Bedeutung ist Redipuglia die Darstellung
einer Einheit des Verschiedenen, der Einheit der Nation und der Familie,
eine Sinnform, die sich der italienische Faschismus in ganz besonderer
Weise zu Nutze machte. Noch die Verharmlosung der Faschisten als gewalttätige
Tollpatsche, die aber doch irgendwie zu uns gehören, wie sie zum
Beispiel im Film »La vita è bella« von Roberto Benigni
zu sehen ist, oder die martialische Familienfeier, mit der im Irak gefallene
Carabinieri am Altare della Patria in Rom verabschiedet wurden, reproduzieren
diese Symbolik und damit einen Aspekt des italienischen famigliarismo.
Ein Symbol in diesem Sinne ist aber immer zugleich ein gestohlenes Zeichen,
ein Zeichen, das aus einem wirklichen Zusammenhang entfernt und in einen
künstlichen gepflanzt wurde. Die Wirklichkeit des Grande Guerra können
Wanderer nachvollziehen, die den Berg Sabotin passieren. Ausgedehnte,
in den Stein gehauene Kavernen öffnen sich ins Nirgendwo, hier in
den Abgrund des Isonzotales. Im August 1916 wird der Sabotin mit einem
ungeheuren Einsatz von Menschen und Material von den Italienern gestürmt.
Die in den Kavernen verbliebenen österreichischen Verteidiger, deren
Kommandanten eine Kapitulation ablehnen, merken plötzlich, wie Petroleum
und Benzin von oben einsickert. Das Feuer brennt drei Tage. Ein Bericht,
der die Verbrannten im Jahr 1936 zu Helden erklärt, übertreibt
nicht, wenn es heißt: »Von allen grausigen Schicksalen dieser
blutigen Tragödie das grausigste wird aber den tapferen Verteidigern
des Monte Sabotino zuteil.«
Hier wie anderswo entsprach der Krieg gerade nicht jenem Idealbild, das
sich die Strategen machen: Von Alexander dem Großen bis zum Deutschen
»Blitzkrieg« war Krieg immer als gigantische Maschinerie in
Bewegung konzipiert. »Wir marschieren«, sangen die Soldaten.
Der vorherrschende Zustand im Isonzogebiet war aber die Erstarrung. In
künstlichen Höhlen, in mühsam ausgehobenen Gräben
lagen sich die Soldaten gegenüber. Das felsige Gelände bot keine
natürliche Deckung gegen Artilleriebeschuss. Wasserknappheit herrschte.
Wer, wie der Soldat und Kammersänger Julius Pölzer, in einen
Granattrichter blickte, sah das Grauen: »Obgleich der Boden felsig
war, lag drinnen eine äußerst zähe und schmierige, braunrote
Lehmschicht, welche der fortwährende Gußregen aus den Gesteinfalten
zusammengeschwemmt hatte. In dem Granattrichter stand dieser scheußliche,
mit Leichenteilen wie Handfleischfetzen, Därmen, Schädeln, Rippen
und halbverwesten Menschenfleischstücken untermischte Morast oft
mannstief.«
Nördlich von Gorizia war der Krieg überhaupt ein Gebirgskrieg.
Das Leben in den Gräben und Kavernen war von einer schaurigen Enge.
Dort hausten abgerissene Gestalten in Wickelgamaschen. Stollen wurden
unter die Höhlen der anderen gebohrt, um diese zu sprengen. Oft lagen
die Soldaten so nahe beieinander, dass sie jedes Wort der Gegner hören
konnten. »Nicht selten geschah es, dass einer von uns, auch ich,
von ‚drüben’ plötzlich beim Namen gerufen wurde«,
berichtet ein italienischer Kriegsteilnehmer. Mit behelfsmäßigen
Seilbahnen und über steile, gewundene Wege wurden Munition und Nachschub
herangebracht. Vor allem im Winter 1915–1916 rissen Lawinen viele
in die Tiefe.
Die Enge führte nachgerade zu einem Mentalitätskonflikt der
Soldaten. Nicht mehr immer vorwärts stürmender, begeisterter
Mut, sondern Emotionslosigkeit war in den Löchern gefragt. Oft scheint
sich der Konflikt zur Klaustrophobie verdichtet zu haben. Es ist, als
ob sich die Enge ein Ventil verschaffen wollte. Angetrieben von Offizieren,
denen ihre Untergebenen gleichgültig geworden waren, stürmte
man hinaus. Vasja Klavora zitiert in seinem Buch »Schritte im Nebel«
einen unbekannten Berichterstatter: »Die vorderen Reihen wurden
von den Maschinengewehren niedergemäht, rissen die nachfolgenden
mit, die sich in den engen Heuwiesen kaum auf allen vieren halten konnten,
so dass diese ganze Menschenmasse … in das Tal rollte.« Auf
diese Weise wurden zum Beispiel auf der Alm Pretovc drei italienische
Regimenter, die immer wieder gegen eine kleine österreichische Stellung
anstürmten, fast vollständig vernichtet.
Natürlich machten sich viele Soldaten davon. Es wird erzählt,
dass einzelne Verwundete von großen Gruppen zu Tal getragen wurden.
Ernest Hemingway, der sich 1918 mit einer Rot-Kreuz-Kolonne an der italienischen
Seite der Front aufhielt, schildert in seinem Roman »A Farewell
to Arms«, wie die Carbinieri hinter der Front mit fliehenden Soldaten
kurzen Prozess machten: »Einer schreib etwas auf einen Notizblock.
‚Seine Truppe im Stich gelassen, Befehl ihn zu erschießen’,
sagte er.« Manchmal feuerten auch Deserteure auf die Carabinieri
und schoben die Schuld hinterher den Einheimischen zu. Letzteres war durchaus
im Sinne ihrer Vorgesetzten. »Die vermeintliche Schande, die die
von der Front flüchtenden Soldaten verursachten, sollte vertuscht
werden«, heißt es bei Klavora. »Wegen der Mißerfolge
und Niederlagen im Gebirge rächten sich die italienischen Offiziere
an den friedlichen Zivilisten im Tal«, berichtet eine Zeitzeugin.
So wurden auch viele Zivilisten erschossen. Die Ermordung von sechs Bauern
aus den Dörfern Ladra, Smast und Kamno nördlich von Tolmin war
auf Zündholzschachteln dargestellt, die man in Italien kaufen konnte.
Die Kriegsverbrechen der österreichischen Seite im Ersten Weltkrieg
wurden vor allem durch die späteren nationalsozialistischen Völkermorde
in den Hintergrund des historischen Bewusstseins gedrängt. Die berüchtigten
Galgenbilder, auf denen österreichische Soldaten lächelnd neben
erhenkten Zivilisten stehen, stammen hauptsächlich aus Serbien, wo
30.000 Zivilisten der so genannten Kriegsnotwehr zum Opfer fielen. Die
auf der österreichischen Seite der Isonzofront durchgeführten
Requirierungen, Zwangsrekrutierungen und Übergriffe trugen jedenfalls
zum Abflauen der anfänglichen Kriegsbegeisterung in Slowenien bei,
die sich vor allem aus den italienischen Gebietsansprüchen motiviert
hatte.
Die Front erstarrte bereits zu Kriegsbeginn. Am 23. Mai 1915 erklärte
Italien Österreich-Ungarn den Krieg. Die österreichische Regierung
wurde überrascht. Zu lange hatte sie auf eine Verhandlungslösung
gesetzt und war sogar bereit gewesen, den Trentino abzutreten. Italien
wollte rasch Richtung Ljubljana vorstoßen. Sogar der österreichische
Feldmarschall Conrad war überzeugt, dass die Italiener binnen fünf
Wochen Wien erreichen würden. Aber der italienische Nachrichtendienst
wusste kaum etwas über die Schwäche der Österreicher. Fritz
Weber erzählt in seinem Buch »Isonzo 1915« von einem
Landsturmbataillon, das im Mai in Hermagor in Kärnten ankam, tagsüber
talaufwärts marschierte und nachts mit dem Zug wieder zurückgebracht
wurde, um dann abermals talaufwärts zu marschieren. Bald wusste die
Bevölkerung: Es sind immer die gleichen. »Die Bärte wachsen,
das Bataillon verlottert immer mehr.« In Italien glaubte man tatsächlich
an Truppenmassierungen von großem Ausmaß. Das verschaffte
den Österreichern eine Atempause von 30 Tagen zwischen der Kriegserklärung
und den ersten Kämpfen.
Trotzdem verfügte der italienische General Cadora über eine
fast vierfache Überlegenheit an Soldaten, als am 23. Juni 1915 der
erste große Kampf begann. Der Ansturm scheiterte am felsigen Karstgelände,
in das sich die österreichisch-ungarischen Soldaten bereits eingegrabenen
hatten. Während der Umgruppierung auf italienischer Seite schaffte
die österreichische Armeeführung insgesamt 224.000 Mann an die
Südwestgrenze, und zwar hauptsächlich von der russischen Front,
was dort vermutlich den Zusammenbruch der Armee des Zaren verhinderte.
In elf Schlachten von 1915 bis 1917 verkrallten sich die Armeen nun ineinander.
Das Hauptkampffeld lag meist südlich von Gorizia, im Karst zwischen
Doberdò und Konstanjevica. Zu Täuschungs- und Entlastungszwecken
wurde auch im Gebirge nördlich von Gorizia angegriffen. Beide Seiten
konnten jeweils nur geringe Geländegewinne verbuchen. Einmal ging
es vorwärts, dann wieder zurück. Es geschah Ähnliches wie
in Sedan und Verdun. In der 6. Isonzoschlacht im August 1916 gelang den
italienischen Truppen ein weniger strategisch als psychologisch wichtiger
Erfolg: Die zerschossene Stadt Gorizia wurde eingenommen, der Monte Sabotino
erobert.
Im Mai 1916, als Erzherzog Karl, der damalige Thronfolger und spätere
letzte österreichische Kaiser, die 11. Armee kommandierte, wurde
von österreichischer Seite unter Bruch des Völkerrechts erstmals
Giftgas eingesetzt. Auf der Hochebene von Doberdò bliesen neuartige
Apparate ein Gemisch aus Chlor und Phosgen in die Stellungen der Italiener.
Zwischen 6.000 und 10.000 Soldaten erstickten jämmerlich. Kaiser
Karl wurde zur Freude seiner seltsamen Verehrer unter Karol Wojtyla selig
gesprochen. Ob die Heilung einer Nonne von ihren Krampfadern, die dabei
als Argument ins Treffen geführt wurde, sein himmlisches Konto wieder
ausgeglichen hat? Den eingegrabenen österreichischen Soldaten jedenfalls
versprach der Gaseinsatz die Erlösung aus ihrer Erstarrung: »Da
geht neues Hoffen durch die Tausende, die hier auf den Tod warten: Gas,
Giftgas … Der Satan selbst soll losgelassen werden, um den Höllenbrand
auszutreten«, heißt es bei Fritz Weber.
Die 12. und letzte Isonzoschlacht ab Oktober 1917 schien diese Hoffnung
einzulösen. Mit Hilfe deutscher Gaswerfer brachen die Angreifer im
Raum Tolmin durch und fanden abertausende Erstickte in ihren Gräben.
Auch unter der psychologischen Wirkung dieses Angriffs löste sich
die italienische Front auf. Die Zivilverwaltung in Friaul ließ die
Bevölkerung im Unklaren. Honoratioren, Beamte und Gutsbesitzer flüchteten
bei Nacht und Nebel. Tatsächlich verübte die österreichisch-ungarische
Armee zahlreiche Gräueltaten an Zivilisten. Sie stieß schließlich
bis an den Fluss Piave vor, wo ihr Angriff von den italienischen Truppen
mit der Hilfe auch französischer, britischer und amerikanischer Verbände
zum Stehen gebracht wurde. Die Soldaten saßen wieder in ihren Gräben
fest. Ein letzter Versuch, sich im Juni 1918 aufzuraffen, scheiterte.
Die Kräfte waren restlos erschöpft. Am 3. November 1918 wurde
der Waffenstillstand geschlossen. Vergeltungsakte an flüchtenden
österreichischen Soldaten zeigen die Verbitterung der Zivilbevölkerung.
Im österreichischen Hinterland hatte der ungeheure Aufwand für
diese Schlacht vor allem Transportkapazitäten blockiert und damit
zu einer Hungersnot beigetragen.
An der Außenmauer des Museums am Monte San Michele ist das italienische
»Bolletino della vittoria« vom 4. November 1918 in eine Marmortafel
gemeißelt. Der Berg ist ein Minimundus des Todes, mit Schrottkanonen
in der Landschaft und kleinen, verstreuten Denkmälern. Hier scheint
die Banalität des Heldentums durch die tragische Erinnerung. Die
dritte italienische Armee, deren taktisches Kommando sich zeitweise hier
befand, hat ihre Hügel nummeriert. Auf Hügel 3 findet sich eine
Tafel mit der Aufschrift: »Su queste cime italiani e ungharesi combattendo
da prodi si affretallarano nella morte«, das heißt: »Auf
diesen Hügeln verbrüdern sich tapfer kämpfende Italiener
und Ungarn im Tode.«
Darin steckt eine Wahrheit. Im österreichisch-ungarischen Heer sprachen
von 1000 Soldaten 248 Deutsch, 233 Ungarisch, 126 Tschechisch, 92 Kroatisch
oder Serbisch, 79 Polnisch, 78 Ukrainisch, 70 Rumänisch, 36 Slowakisch,
25 Slowenisch und 13 Italienisch. Die italienischen Soldaten wiederum,
viele aus den Dörfern des Südens, verstanden sich untereinander
nur schwer: Zu unterschiedlich waren die Dialekte, und das Hochitalienische
lernte man erst in der Schule. Man kann sich leicht vorstellen, welche
Gewalt notwendig war, dieses »wahre Babylon an Nationalitäten«,
wie es in einem Aufsatz von Lucio Fabi über die die österreichisch-ungarische
Armee heißt, am Auseinanderlaufen zu hindern und immer wieder neu
aus den Gräben heraus in sinnlose Angriffe zu treiben. Im Ossarium
von Oslavia haben sich die Knochen ununterscheidbar vermischt. Diese Vielheit
gilt es hinter der Fassade des Heldentums zu sehen, die der Nationalismus
und der Faschismus errichtet haben. Die Tatsache, dass letztlich jeder
der Soldaten eines jener abgegriffenen Fotos in seinen Taschen trug, die
in Redipuglia ausgestellt sind, also die Erinnerung an sein eigenes, zugleich
einzigartiges und banales Leben, verbrüdert die Soldaten tatsächlich
im Tode. Es ist diese Erinnerung, die ihnen die Monumente gestohlen haben.
Wer hinter ihre Fassaden blickt, wird die Nacktheit und Einsamkeit der
grausam Bestohlenen erkennen. (Wilhelm Berger)
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