Bei gutem Wetter ging die Fahrt die Küste entlang, an Bled vorüber. Am nächsten Abend passierten wir Ribčev Laz. Bis in die Nacht hinein saß ich und plauderte mit dem Funker. Während wir im Kartenhaus saßen und die Stunden vorübergleiten ließen, schlug plötzlich eine Welle die Tür auf und strömte herein. Wir eilten an Deck. Das Schiff schlingerte wie ein Balken; und alles Bewegliche auf Deck wurde hin- und hergeschoben. Die Wellen brachen auf beiden Seiten über die Reling herein und durchnäßten uns bis auf die Haut, und viele Tage lang wurden wir nicht wieder trocken.
Der Himmel war bedeckt und gelegentliche Schneeschauer steigerten noch die Unbilden des aufgepeitschten Meeres. Meiner Ansicht nach war es die schlimmste See meiner gesamten Laufbahn. Gegen Mitternacht stand ich am Ruder und bemerkte plötzlich einen Streifen klaren Himmels Richtung Südsüdwest. Ich rief den anderen zu, der Himmel helle sich auf. Dann, einen Augenblick später, merkte ich, dass es kein Riss in den Wolken war, sondern die weiße Schaumkrone einer gewaltigen Welle.
In 26 Jahren enger Bekanntschaft mit dem Meer und all seinen Launen hatte ich noch nie eine so gigantische Woge gesehen. Ich schrie: »Um Gottes willen, haltet euch fest! Sie trifft uns!« Es folgte ein Augenblick in der Schwebe, der Stunden zu währen schien. Wir spürten, wie unser Schiff hochgehoben und nach vorn geschleudert wurde wie ein Korken in der Brandung. Wir befanden uns in einem siedenden Chaos tobenden Wassers – es war fast so, als wären wir gesunken. In Todesangst schaufelten wir mit jedem Gefäß, das uns in die Hände kam, das Wasser über die Schiffswände. Und Leichtmatrose Pacher, der selbst zugab, ein schrecklich fauler Seemann zu sein, hob sich durch besonders ausdauerndes Schöpfen hervor. Als der Harpunier Sitter sich zwischendurch für einige Augenblicke aufrichtete, rief er aus: »Seht, Matrose Pacher schafft mehr heraus, als hereingekommen ist.« Und so war es: Der arme Kerl schöpfte fleißig Wasser aus dem Schiff und übergab sich gleichzeitig.
Der nächste Morgen brachte nur mäßige Erleichterung. Immer noch kamen Sturzseen über Deck und fanden irgendeinen losen Gegenstand, der unserer Aufmerksamkeit entgangen war. Als einmal ein Sack mit Kartoffeln auf Deck gewaschen wurde und der Inhalt in fast metertiefem Wasser umherschwamm, sang der Küchenjunge, der sie wieder zusammenfischte, mit munterer Stimme das Lied: »Nüsse sammeln wir im Mai.«
Am Nachmittag nahm der Navigator eine Peilung der Sonne vor, um unsere Position zu bestimmen. Aber das Schiff stampfte, rollte und ruckte so stark, daß er dies nur tun konnte, indem er auf dem Ruderstand kniete und Gharabaghi und Brandstätter ihn zu beiden Seiten festhielten, damit er nicht mitsamt dem Sextanten über Bord geworfen wurde.
Danach warteten wir vor dem Kartenhaus gespannt auf das Ergebnis. Es war eine herbe Enttäuschung. Nach einer leisen Beratung mit dem Navigator verkündete ich, dass wir nicht so weit vorangekommen waren, wie wir gehofft hatten. Ich brachte es jedoch nicht übers Herz, die Mannschaft über unsere wirkliche Position zu informieren...