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Altglascontainer in Gabrovizza |
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Werner Koroschitz: schwarze Löcher |
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Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigte sich
der Reiseschriftsteller Heinrich Noé mit den für den Karst typischen
Felsspalten, »die sich häufig gegen unten hin flaschenförmig
in gewaltige Hohlräume erweitern«. In der Umgebung von Triest
besichtigte er zahlreiche solcher Schächte, »welche eine Tiefe
von siebzig, hundert Metern und darüber haben und zu deren Boden die
Wände lotrecht hinabführen«. Weiters wusste Noé zu
berichten, dass »solch ein Schacht in slovenischer Sprache fojba
heißt«. Während das Naturphänomen der Karstschlünde
einst hauptsächlich für den Geologen von Interesse war, löste
das Thema foibe in den vergangenen Jahren erbitterte Diskussionen
auf politischer Ebene aus, denn bei den gegen Ende des 2. Weltkriegs in
Istrien und in der nordöstlichen Grenzregion Italiens von jugoslawischen
Partisaneneinheiten verübten Morden benutzten die Täter die Karstspalten
zur Beseitigung der Getöteten. |
Dass die tragischen Ereignisse um die foibe Eingang
in die Geschichte bzw. in die kollektive Erinnerung gefunden haben, dazu
bedurfte es zuerst des italienischen Faschismus, des Überfalls Hitlerdeutschlands
und seiner Verbündeten auf Jugoslawien sowie der daraus erwachsenden
Partisanenbewegung. Die Auflösung des habsburgischen Vielvölkerstaates,
die geopolitische Neuordnung des nordadriatischen Raumes und die Annexion
des vormals österreichischen Küstenlandes an das Königreich
Italien hatten die Nationalitätenkonflikte zwischen Italienern und
Slowenen bzw. Kroaten verschärft. Als Folge des 1. Weltkrieges musste
Österreich Julisch Venetien, Triest mit der istrischen Halbinsel, Zara
sowie einige Inseln Dalmatiens an Ita-lien abtreten. In Triest selbst, vor
allem aber in den umliegenden Karstdörfern lebte eine starke slowenischsprachige
Volksgruppe, der von Habsburger Seite eigene Schulen und Kultureinrichtungen
zugestanden worden waren. Noch bevor die Grenzen zwischen dem Königreich
Italien und dem jungen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen
im Friedensvertrag von Rapallo im -November 1920 endgültig festgelegt
wurden, begann die italienische Militär-verwaltung mit der Italianisierung
der neuen Provinzen. Am 13. Juli 1920 steckten italienische Faschisten den
Narodni dom, eine slowenische Kultureinrichtung in Triest, in Brand. Dabei
kamen mehrere Menschen ums Leben. Bereits im September 1920 hatte Mussolini
in Pula die faschistische Nationalitätenpolitik so dargestellt: »Wenn
wir einer Rasse begegnen wie der slawischen – minderwertig und barbarisch
– ist ihr gegenüber nicht die -Zuckerbrotpolitik anzuwenden,
sondern die der Peitsche.« Zugleich forderte er mehr »Lebensraum«
für das italienische Volk, der auf Kosten der Slowenen und Kroaten
geschaffen werden sollte: »Ich denke, es können bedenkenlos 500.000
barbarische Slawen für 50.000 Italiener geopfert werden.« |
Nach seiner Machtübernahme legalisierte
Mussolini Gewaltmaßnahmen gegenüber der slowenischen und kroatischen
Minderheitenbevölkerung. Sein Regime verfolgte eine Politik der »Entnationalisierung«,
es kam zur Schließung slowenischer und kroatischer Schulen, Kultureinrichtungen
und Sparkassen. Die Italianisierung slawischer Vor- und Nachnamen wurde
energisch vorangetrieben, und schlussendlich war sogar die Verwendung der
Minderheitensprache in der Öffentlichkeit und während des Gottesdienstes
verboten. Die Angehörigen der Minderheit sollten letztendlich auf die
eigene »minderwertige« nationale Identität verzichten und
die »höherwertige« italienische Kultur annehmen. |
In der Zwischenkriegszeit hatten wegen politischer
Verfolgungen, ökonomischer Benachteilungen und kultureller Repressalien
mehr als 100.000 Slowenen und Kroaten das italienische Königreich bereits
verlassen. Nachdem Mussolinis Schwarzhemden immer gewaltbereiter auftraten
und die Assimilierungsmaßnahmen zusehends an Schärfe gewannen,
änderten die Vertreter der Minorität ihre politische Strategie.
Anstelle des legalen politischen Kampfes setzten slowenische und kroatische
Untergrundorganisationen verstärkt auf terroristische Aktionen. Vor
allem die Mitglieder der antifaschistischen TIGR (Abkürzung für
Triest, Istrien, Gorica, Reka) kämpften seit 1924 mit spektakulären
Methoden gegen die andauernde Unterdrückungspolitik. Zu ihrem Repertoire
gehörten Brandstiftung, Bombenanschläge und Attentate auf italienische
Faschisten. Letztendlich ging es den Minderheitenvertretern nicht mehr um
die Erlangung der nationalen Autonomie, sondern um die Loslösung von
Italien. |
Am 6. April 1941 überfielen die Achsenmächte
ohne Kriegserklärung Jugoslawien, woraufhin Slowenien zwischen dem
Deutschen Reich, Italien und Ungarn aufgeteilt wurde. Italien erhielt das
westliche Slowenien mit der Hauptstadt Ljubljana sowie Teile Dalmatiens.
Alles Slowenische in der neu geschaffenen Provincia di Lubiana
sollte ausgelöscht werden, wie dies Italiens Innenminister am 24. August
1942 unverhohlen formulierte: »Das Problem mit der slowenischen Bevölkerung
ist auf folgende Weise zu lösen: 1) durch Vernichtung, 2) durch Umsiedlung
und 3) durch Beseitigung gegnerischer Elemente.« Gegen Oppositionelle
und Kämpfer der stetig wachsenden Partisanenbewegung ging die italienische
Besatzungsmacht mit aller Härte vor. Nachdem antifaschistische Widerstandskämpfer
das italienische Militär zusehends in Atem hielten und eine slowenische
Partisanenpatrouille fast bis Triest vordrang, befahl General -Alberto Ferroro
»die vom Kommunismus infizierten Dörfer zu verbrennen, die Einwohner,
soweit es sich um wehrfähige Männer handelt, als Geiseln zu nehmen
und alle anderen – Alte, Frauen, Kinder – zu internieren oder
zu verbannen«. Der Präfekt von Triest schlug im Kampf gegen die
Partisanen, ähnlich wie während des italienischen Eroberungskrieges
in Abessinien 1936/37, den Einsatz von Giftgas vor. |
Pietro Brignoli, Militärkaplan bei den italienischen
Besatzungstruppen, notierte in der Zeit vom 16. Juli bis 12. November 1942
sämtliche Übergriffe seiner Einheit auf die slowenische Zivilbevölkerung
in sein Tagebuch. Zwei Tage kommentierte er folgendermaßen: »19.
Juli: Noch vier Erschossene im selben Dorf. Weswegen? Ganz einfach: Ein
hoher Offizier aus dem -Armeekorps war am Morgen zum Oberst auf Visite gekommen
und hatte ihm vorgeworfen, zu milde zu verfahren. Alle vier umklammerten
den Kaplan und brüllten wie verwundete Tiere. - 21. Juli: Achtzehn
Erschossene in einem anderen Dorf. Einer der achtzehn bat die anderen still
zu sein und sprach kurz zu ihnen in ihrer Sprache. Ich erteilte ihnen die
Absolution und Kommunion. Das Exekutionskommando bestand gewöhnlich
aus Schwarzhemden, die in der Stadt politisch Verurteilte erschossen, nachdem
sie den Regeln gemäß verurteilt worden waren; also lauter unempfindliche
Leute: Die Verurteilten wurden mit dem ersten Schuss hingerichtet.« |
Man schätzt die Zahl der in der Provincia
di Lubiana von den Faschisten ermordeten slowenischen Zivilisten auf
6.000, die der hingerichteten Partisanen auf 900 und die der getöteten
Geiseln auf 1.000 Personen; an die 30.000 nichtitalienische Zivilisten wurden
in Lager deportiert, u. a. in das berüchtigte Konzen-trationslager
auf der Insel Rab. Die italienischen Offiziere, die für die Grausamkeiten
an der Zivilbevölkerung verantwortlich waren, wurden nie vor Gericht
gestellt. Nach dem Krieg sammelte die United Nations War Crimes Commission
Beweise über von italienischen Militärs begangene Kriegsverbrechen.
Die von der Kommission akribisch recherchierten Dossiers bzw. Täterlisten
liegen bis heute unbearbeitet im UN-Archiv in New York. |
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Am 8. September 1943, nach der Entmachtung und
Verhaftung Mussolinis, unterzeichnete Italien den Waffenstillstand mit den
USA und Großbritannien. Die italienischen Truppen zogen sich aus den
besetzten Gebieten zurück. Bis zum Einmarsch der deutschen Truppen
entstand für kurze Zeit ein Machtvakuum, in das auch die Ereignisse
um die foibe in Istrien fielen. Während italienische Soldaten
und die Verwalter des Faschismus den chaotischen Rückzug antraten,
versuchten Partisaneneinheiten, die herrenlos gewordenen Gebiete zu besetzen,
um für die bevorstehende deutsche Okkupation gerüstet zu sein.
Gleichzeitig entlud sich der Volkszorn gegen die in Istrien verbliebenen
Repräsentanten und Kollaborateure des Faschismus, aber auch gegen arglose
Italiener. Keineswegs waren die Übergriffe derart spontan, wie sie
später gerne dargestellt wurden. Augenzeugen berichteten vom sogenannten
Omnibus des Todes, der die verhafteten Personen von verschiedenen
Orten abholte. Insgesamt wurden rund 400 Personen ermordet und in istrische
foibe geworfen. Anfang Oktober 1943 rückten deutsche Militäreinheiten
in Istrien ein und zerschlugen die Widerstandsbewegung auf der Halbinsel.
Unmittelbar danach begannen Feuerwehrleute mit der Exhumierung der foibe-Opfer,
deren Fotos als willkommenes Propagandamaterial in ganz Italien Verbreitung
fanden. |
Nach der Kapitulation Italiens besetzten Hitlertruppen
Julisch Venetien (zusammen mit den Provinzen Udine und Ljubljana) und unterstellten
das Gebiet als Operationszone Adriatisches Küstenland der
Verwaltung des Deutschen Reiches. Unerbittlich bekämpften sie nicht
nur die Partisanen und ihre Unterstützer; unter Mithilfe faschistischer
Kollaborateure deportierten sie beinahe alle im annektierten Gebiet lebenden
Juden in nationalsozialistische Vernichtungslager. Ungezügelte Strafexpeditionen
gegen die Zivilbevölkerung, Plünderungen, Vertreibungen und Verwüstungen
standen im Namen der »Bandenbekämpfung« an der Tagesordnung.
Als Vergeltungsmaßnahmen für Sabotageakte und Partisanenaktivitäten
wurden etwa die Karstdörfer Strmec, Lokve, Komen und Rihemberk von
den gefürchteten SS-Karstjägern niedergebrannt, ein Großteil
der Dorfbewohner wurde ermordet. |
Am 1. Mai 1945 befreite die jugoslawische Armee
unter Tito die Stadt Triest und Umgebung von der deutschen Schreckensherrschaft.
Tags darauf trafen auch die alliierten Armeen in Triest ein, die aber unter
Zurücklassung eines kleinen Truppenkontingents sofort nach Norden zogen,
der Roten Armee entgegen. Bis zum 12. Juni 1945, dem endgültigen Eintreffen
der Alliierten und der darauffolgenden Aufteilung der befreiten Gebiete
in eine Zone A (Julisch Venetien mit Triest) unter westalliierter Verwaltung
und einer Zone B mit dem slowenischen Karst und Istrien unter Einfluss Jugoslawiens,
wurden die Städte Triest und Görz von der jugoslawischen Befreiungsarmee
verwaltet. Die Mehrheit der slowenischen und kroatischen Bevölkerung
begrüßte den jugoslawischen Einmarsch und erhoffte sich nach
über 20 Jahren des Terrors eine Neuregelung der Staatsgrenzen. Der
Großteil der italienischen Bevölkerung stand der Titoarmee reserviert
gegenüber, zumal sie befürchtete, die Herrschaft über die
1918 angeschlossenen Gebiete an Jugoslawien zu verlieren. |
Im Mai 1945 hielt Marschall Tito vom Balkon der
Universität in Ljubljana eine Ansprache, in der er unmissverständlich
zu verstehen gab, dass »die Hand der Gerechtigkeit, die -Rächerhand
unseres Volkes, die große Mehrheit von ihnen [den Verrätern,
Anm.] bereits erreicht hat, und nur einem kleinen Teil der Ver-räter
ist es gelungen, unter dem Schutz von Gönnern aus unserem Land zu fliehen.
Diese Minderheit wird unsere Berge und unsere blühenden Felder nie
wieder sehen.« Titos Rede bestätigte, dass die politische Führung
gewillt war, die Gegner der Kriegszeit zu beseitigen. Neben Anhängern
des faschistischen Regimes wurden auch jene Personen verfolgt, die sich
zur Italienzugehörigkeit der von Jugoslawien beanspruchten Gebiete
bekannten. So verhafteten und töteten Titos Leute nicht nur italienische
Faschisten und Kollaborateure des Naziregimes, sondern auch antifaschistische,
nichtkommunistische Widerstandskämpfer und Zivilisten, von denen angenommen
wurde, dass sie gegen den Anschluss an Jugoslawien oder eine revolutionäre
Umgestaltung der Gesellschaft waren. Die mitunter willkür-lichen Festnahmen
wurden meist von der Geheimen Staatspolizei, nach während des Krieges
erstellten Listen, durchgeführt. So kam es vor, dass stadtbekannte
Faschisten unbehelligt blieben, während vehemente Gegner des Mussoliniregimes
oder der Nazi-diktatur inhaftiert oder gar ermordet wurden. Ebenso kam es
zu individuellen Racheakten oder kriminellen Delikten, die den Eindruck
erweckten, dass neben der offiziellen Befehlsstruktur von Partei und Geheimdienst
noch ein informelles, unkontrollierbares Netzwerk existierte. |
Viele der Ermordeten beseitigten die Täter
in den foibe des Karsts. Historische Quellen geben die Zahl der
infoibati mit 500 bis 1.500 Toten an. Während Jugoslawien
die alleinige Hoheit über die Region ausübte, eine Zeit, die bei
der italienischen Bevölkerung als die »schrecklichen 40 Tage«
in der kollektiven Erinnerung haften geblieben ist, wurden insgesamt 17.000
Personen festgenommen. Dazu werden auch die entwaffneten und in jugoslawische
Kriegsgefangenenlager gebrachten italienischen Soldaten gezählt, deren
große Mehrheit in den folgenden Monaten oder Jahren aus der Gefangenschaft
heimkehrte. 4.000 bis 5.000 Personen, vorwiegend Italiener aus den Regionen
Trieste und Gorizia, gelten als vermisst; sie sind wahrscheinlich umgekommen.
Von den Alliierten im Jahre 1946 eingeleitete Untersuchungen zu den während
der jugoslawischen Alleinherrschaft begangenen Gewalttaten ergaben 865 Tote,
davon wurden 464 Leichen, von denen gut die Hälfte Soldaten waren,
in insgesamt 48 foibe gefunden. Während seriöse Daten
von insgesamt 1.500 bis 2.000 Infoibati in Istrien, Triest und
Julisch Venetien ausgehen (eine vom friulanischen Institut zur Geschichte
der Befreiungsbewegung durchgeführte Forschung gibt für Trieste
601 und für Gorizia 332 getötete Personen an), kursieren in der
italienischen Öffentlichkeit Zahlen zwischen 10.000 und 30.000 ermordeten
Italienern. Trotz gegenteiliger Quellenlage hält sich die weitverbreitete
Meinung, dass es sich bei den foibe-Morden um einen an Italienern
begangenen Massenmord handle. Um die These vom versuchten Genozid zu untermauern,
wurden alle nichtitalienischen foibe-Opfer ausgeklammert. Verschwiegen
wird die Tatsache, dass die foibe von den jugoslawischen Machthabern
auch dazu benutzt wurden, um darin antikommunistisch eingestellte Slowenen
und Kroaten zu beseitigen. Zudem praktizierten schon die Faschisten und
Nationalsozialisten die »Entsorgung« ihrer getöteten Feinde
in den berüchtigten Karstspalten. Aus den bestehenden Namenslisten
geht hervor, dass außer unschuldigen Zivilpersonen viele der foibe-Toten
nicht deshalb hingerichtet wurden, weil sie Italiener, sondern weil sie
maßgeblich an Verbrechen im Namen des Faschismus beteiligt waren.
Während sich faschistische Kriegsverbrecher nach Kriegsende kaum vor
italienischen Gerichten verantworten mussten, wurden gegen die Infoibatori
nicht nur in Triest, sondern auch in Jugoslawien Prozesse angestrengt. Zwischen
1946 und 1949 wurden in Triest 70 Personen wegen ihrer Teilnahme an den
foibe-Morden vor Gericht gestellt. |
Nach Titos Bruch mit Stalin war der Westen aus
strategischem Interesse an guten Beziehungen zu Jugoslawien interessiert,
weshalb bis zum Zerfall Jugoslawiens die foibe-Frage eine untergeordnete
Rolle spielte. Ebenso wenig Interesse zeigten Italiens Kommunisten an einer
Aufklärung des foibe-Dramas, hatte doch ein Teil der italienischen
Partisanen einen Anschluss der Region an das sozialistische Jugoslawien
favorisiert. Auch hätte das Eingestehen der foibe-Morde eine Illoyalität
gegenüber Tito bedeutet. Seit einiger Zeit aber werden in Italien die
foibe-Verbrechen und Massenvertreibungen aus Istrien und Dalmatien mit großer
Vehemenz diskutiert. |
Die italienische Regierungskoalition der Mitte-Rechts-Parteien
führte im Jahr 2005 mit großer Mehrheit und Zustimmung des linken
Flügels einen foibe-Gedenktag ein, nicht zuletzt mit der politischen
Absicht, den Mythos von resistenza und Antifaschismus zu verdrängen.
Der diesbezügliche Antrag wurde von Gianfranco Fini, dem Vorsitzenden
der rechtsextremen Alleanza Nazionale, eingebracht. Laut Gesetzestext
gehe es darum, die Erinnerung an die »Tragödie aller Opfer der
foibe, an den Exodus derjenigen, die in Istrien, Fiume und Dalmatien
im Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verloren haben und an die komplexe Problematik
der italienischen Ostgrenze« wachzuhalten. Der »Nationale Tag
der Erinnerung« (Il giorno del ricordo) wurde auf den 10.
Februar, den Jahrestag der Unterzeichnung des Pariser Friedensvertrages
von 1947, gelegt. Der zeitliche Bezug zum Friedensvertrag von Paris irritierte
wiederum die slowenische Öffentlichkeit, da Italien möglicherweise
die darin vereinbarten Grenzen in Frage stellen könnte. Postwendend
setzte das slowenische Parlament einen Nationalfeiertag fest, der an die
Rückkehr der Primorska zu Slowenien und die durch Italiens Faschisten
erlittenen Leiden erinnern sollte. |
Am Abend des 10. Februar 2005 strahlte die italienische
Rundfunkanstalt RAI den Spielfilm Il cuore nel pozzo (Das Herz
in der Grube) aus. Die Produktion des Filmes, der vorgibt, die Geschichte
der foibe-Massaker sowie die Vertreibung der Italiener aus Istrien
darzustellen, geschah ebenfalls auf Initiative der Alleanza Nazionale.
10 Millionen Menschen verfolgten die Erstausstrahlung des Films. Er erzählt
von der Vertreibung und Ermordung der italienischen Bevölkerung durch
Tito-Einheiten. Die Partisanen werden als Bande skrupelloser Trunkenbolde
und Vergewaltiger dargestellt, die ausschließlich von Rache und Hass
auf alles Italienische getrieben werden. Maurizio Gasparri, Mitglied der
Alleanza Nazionale und Minister für Telekommunikation (2002–2006),
zog in einem Interview mit La Stampa Parallelen zwischen den foibe-Morden
und dem Holocaust: »Wenn wir einen Dokumentarfilm machen, in dem gezeigt
wird, wie die Leichen exhumiert werden, dann erregen wir nur Abscheu. Meiner
Ansicht nach ist es wirksamer, einen Spielfilm zu machen, der die Geschichte
einer jener armen Familien erzählt. Das sind große Tragödien.
Wie die des Holocaust oder die von Anne Frank.« In einer diplomatischen
Note bezeichnete der damalige slowenische Außenminister Ivo Vajgl
den Film als »Geschichtsfälschung, der ein Volk in Schuldige
verwandelt, das seine ganze Geschichte hindurch der Aggressivität der
benachbarten Völker ausgesetzt war«. Trotz der Bedenken lief
der Film wenige Wochen nach seiner Ausstrahlung in Italien, mit Untertiteln
auch im slowenischen Fernsehen. |
Am 10. Februar 2007 wurde die foibe von Basovizza
als nationales Denkmal eingeweiht. Dabei handelt es sich um keine wirkliche
Karsthöhle, sondern um einen aufgelassenen Bergwerksschacht. Bis jetzt
gibt es noch keine eindeutigen Belege, ob in diese Grube tatsächlich
Leichen geworfen wurden. Es existieren lediglich slowenische Unterlagen,
die besagen, dass bei einem Massenprozess in der Nähe von Basovizza
150 Angehörige der Finanzpolizei sowie des Polizeipräsidiums mehrheitlich
zum Tode verurteilt wurden. Über den Verbleib der Verurteilten ist
nichts bekannt. Insofern handelt es sich bei Basovizza eher um einen symbolischen
Gedenkort. |
Anlässlich der dritten Wiederkehr des Nationalen
Tages der Erinnerung bezeichnete der italienische Staatspräsident
und ehemalige Kommunist Giorgio Napolitano die foibe-Toten als
Opfer einer »hasserfüllten und blutrünstigen Erhebung«.
Weiters sprach er von »Barbarei«, »slawischer Blutrünstigkeit«
und einem »slawischen Anschlussplan, der sich im Friedensvertrag von
1947 durchsetzte und die unheilvollen Züge eines Aktes der ethnischen
Säuberung annahm«. Im selben Atemzug versprach er, sich gegen
»Formen der diplomatischen Verdrängung« einzusetzen. Die
Rede vermittelte der italienischen Öffentlichkeit einmal mehr den Eindruck,
Italien sei nicht wegen seines gewaltsamen Imperialismus und der bis 1943
bestehenden Allianz mit Hitler-Deutschland als Verlierer aus dem Krieg hervorgegangen.
Die Äußerungen Napolitanos hatten eine scharfe Reaktion des kroatischen
Präsidenten Stjepan Mesić zur Folge. Während die slowenische
Regierung dem italienischen Präsidenten eine Protestnote übersandte,
bezichtigte Mesić seinen Amtskollegen Napolitano des »Rassismus
und Revanchismus«, hatte dieser doch unverhohlen den Friedensvertrag
von 1947 in Frage gestellt. |
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