Die Baška
grapa ist so unbekannt wie das Soča-Tal berühmt. Was Unbedarfte
mit italienischem Tresterschnaps assoziieren, benennt ein von der Bača,
zu deutsch Fetsche, geschaffenes Flusstal samt den darüber liegenden
Terrassen. Der »Graben« nimmt südlich der Wocheiner Berge
seinen Anfang und schlängelt sich 30 Kilometer in südwestlicher
Richtung der Idrijca entgegen, die sich nur zwei Kilometer weiter mit
der Soča vereint. Mag es auch der Fluss hinsichtlich Klarheit und
türkisgrüner Färbung nicht mit der Soča aufnehmen,
hat sein Tal doch eine Reihe bemerkenswerter Naturschönheiten zu
bieten. Vor allem die tief eingeschnittenen Seitenarme wie die dunkle
Trogschlucht am Kocenpoh oder die vielen Wasserfälle zwischen Hudajužna
und Koritnica halten jedem Vergleich stand.
Denn eines ist die Baška grapa mit Sicherheit: eng. Von ein paar
schmalen Wiesenstreifen abgesehen, bietet das Tal kaum Platz für
landwirtschaftliche Flächen. Das ist wohl der Grund, warum sich von
den 24 Ortschaften nur sechs am Talboden befinden. Die übrigen Siedlungen
liegen ein oder gar zwei Stockwerke höher, also oberhalb der steilen
und bewaldeten Hänge links und rechts des Flusses. Die meisten von
ihnen haben keinen Sichtkontakt zum Tal, weshalb man als Autofahrer, der
der Straße neben dem Fluss folgt, den Eindruck einer amorphen und
fast unbesiedelten Gegend gewinnt. Was aus dieser Perspektive kaum zum
Zwischenstopp einlädt, erweist sich für den Wanderer aber bald
als höchst lohnendes Gebiet.
Wer die Baška grapa über den Vrh Bače, einen 1273 m
hohen Sattel westlich der Kobla, also von Norden her kommend, betritt,
überschreitet damit gleich mehrere Grenzen: Erstens die Wasserscheide
zwischen Soča- und Save-Gebiet, also zwischen dem Mittel- und Schwarzen
Meer. Zweitens wechselt man von einer Vegetationszone in die andere. Herrscht
nämlich jenseits des Passes noch Gebirgsklima, wird das Wetter diesseits
viel stärker von der Adria beeinflusst. Botaniker freuen sich hüben
über das Vorkommen des Türkenbunds und geraten drüben über
die Kurzhaarige Nabelmiere in Verzückung. Selbst dem Laien fällt
der plötzlich auftretende »mediterrane« Bewuchs auf.
Die naturräumliche Grenze entspricht drittens dem Übergang zwischen
Gorenjska, der Oberkrain, und Primorska, dem Küstenland. Es handelt
sich dabei um Landschaftsnamen aus der Zeit der Monarchie, die in den
allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind, ohne dass sie geographisch
je genau definiert worden wären. (Auch Prekmurje, Übermurgebiet,
oder Goriško, Görz und Gradiška, sind solche »ungefähren«
Gebietsbezeichnungen. Außerdem überschreitet man am Vrh Bače
auch eine alte politische Grenze. Sie wurde im November 1920 zwischen
Italien und dem SHS-Staat festgelegt und bestand bis 1941. Grundlage war
der Vertrag von Rapallo, durch den unter anderem Görz, Istrien, Triest
und Teile Krains dem Königreich Italien zugesprochen wurden. So fanden
sich rund 300.000 Slowenen plötzlich als italienische Staatsbürger
wieder und wurde das Bača-Tal über Nacht ein Teil Julisch
Venetiens.
Mit den Minderheitenrechten, die man den Slowenen vor der Grenzziehung
versprochen hatte, war es allerdings nicht weit her. Schon bald setzte
auf allen Ebenen eine behördlich forcierte Italianisierung ein, die
von nationalistischer Propaganda und faschistischem Terror begleitet wurde.
So wurden zahlreiche slowenische Einrichtungen geschlossen und mehrere
Kulturhäuser niedergebrannt; in manchen Ortschaften kam es gar zu
pogromartigen Übergriffen. Wer in der Öffentlichkeit slowenisch
sprach, setzte sich der Gefahr schwerer Misshandlungen aus. Eine Spezialität
italienisch-nationalistischer Rollkommandos bestand darin, Slowenenfunktionäre
durch die öffentliche Verabreichung von Rhizinusöl zu demütigen.
In Hudajužna, in der Mitte der Baška grapa, erinnert eine
verblasste Trattoria-Aufschrift an die Zeit der Zugehörigkeit des
Tales zu Italien.
Nicht alle Slowenen nahmen die nationale Unterdrückung widerspruchslos
hin. Mitte der 1920er Jahre gründeten junge slowenische Revolutionäre
den anti-italienischen Geheimbund TIGR (die Abkürzung für Trst,
Istra, Gorica, Reka) und damit die erste antifaschistische Bewegung Europas.
Die Gruppe hielt sich nicht lange mit politisch-agitatorischen Aktivitäten
auf, sondern schlug bald eine härtere Gangart ein. Sie setzte italienische
Schulen und Kindergärten in Brand und verübte mehrere Morde
an so genannten Konfidenten. Den größten »Erfolg«
feierte TIGR mit einem Bombenattentat auf die Redaktion des faschistischen
»Il Popolo di Trieste« im Jahre 1930. Die Staatsgewalt beantwortete
den Anschlag mit einem Schauprozess gegen 18 »slawische Terroristen«,
von denen vier zum Tode verurteilt wurden.
Dass es in der Hochblüte des Nationalismus mit den nachbarschaftlichen
Beziehungen zwischen Italien und Jugoslawien nicht zum Besten stand, liegt
auf der Hand. Das gegenseitige Misstrauen manifestierte sich schließlich
im Bau einer »Mauer« entlang der italienisch-jugoslawischen
Grenze durch die SHS-Armee. Die Rupnik-Linie, wie der militärische
Verteidigungsgürtel nach ihrem Kommandeur benannt wurde, bestand
aus einer dichten Kette aus Festungen und Bunkeranlagen, von denen viele
noch heute zu sehen sind. Auch am Vrh Bače können die Reste
einer Festungsanlage sowie alte Soldatenunterkünfte besichtigt werden.
Obwohl die Planung für die Verteidigungslinie schon Mitte der Zwanziger
Jahre begann, nahm man die Bauarbeiten erst 1937 in Angriff. Sie konnten
wegen der Kapitulation der Jugoslawen vor der Wehrmacht 1941 nie zum Abschluss
gebracht werden.
Der Bau der Rupniklinie wurde von den Einheimischen mit gemischten Gefühlen
aufgenommen. Einerseits brachte er hunderten Arbeitslosen vorübergehende
Verdienstmöglichkeiten als Bau- oder Transportarbeiter, andererseits
bedeutete die Grenzbefestigung für viele die gewaltsame Abtrennung
von Verwandtschaft oder eigenem Grund und Boden. So entwickelte sich schon
bald ein reger nächtlicher Grenzverkehr durch heimliche Nachbarschaftsbesuche
oder zum Zwecke des illegalen Warenaustausches. In Bača pri Podprdu
erinnert man sich noch heute an die »Besetzung« des Dorfes
durch italienische Zöllner und einen Großbrand, den ein Grenzer
wegen der verschmähten Liebe zu einer Einheimischen verursachte.
Auch eine mehrwöchige »Evakuierung« aller Dorfbewohner
ist im kollektiven Gedächtnis geblieben.
1941 wurde das heutige Slowenien von den Achsenmächten Deutschland,
Italien und Ungarn militärisch besetzt und dreigeteilt. Die Rupniklinie
mutierte zur inneritalienischen Grenze zwischen Julisch Venetien und der
Provincia di Lubiana. Sie wurde jedoch von Polizeieinheiten weiterhin
streng bewacht, um Kontakte zwischen den wachsenden Widerstandsgruppen
zu verhindern. Während die Deutschen in Oberkrain sofort mit brutalen
Zwangsmaßnahmen und ethnischen Säuberungen begannen, schienen
die italienischen Besatzer anfänglich etwas moderater vorzugehen.
So flüchteten viele Slowenen aus den von den Deutschen besetzten
Gebieten zu den Italienern. Aber auch Mussolini plante groß angelegte
Deportationen und die massenhafte Ansiedlung von Italienern in der neuen
Provinz. Bald verschärfte sich der Terror gegen die Bevölkerung.
So erging der militärische Befehl, jeden gefangenen Partisanen und
»alle Kommunisten« sofort zu exekutieren. Partisanenüberfälle
wurden mit Geiselerschießungen und der Zerstörung ganzer Dörfer
beantwortet. 25.000 »Sympathisanten« landeten in italienischen
Konzentrationslagern, aus denen viele nicht mehr zurückkehrten. 13.000
Slowenen wurden von Militärgerichten abgeurteilt.
Einen Höhepunkt erreichte die Gewaltherrschaft im November 1942,
als das italienische Militär eine Großoffensive der Partisanen
zurückschlug und unter der Zivilbevölkerung wütete. »Die
Menschen sind in einer solchen Verfassung und Stimmung, wie sie unsere
Geschichte seit der Türkenzeit nicht in Erinnerung hat«, berichtete
der Dichter Edvard Kocbek. »Die Häuser brennen, der Feind zerstört
Getreidefelder und Obstgärten, Frauen und Kinder kreischen, fast
in jedem Dorf werden Geiseln erschossen, Hunderte von Menschen werden
in die Internierung getrieben, das Vieh brüllt und irrt in den Wäldern
umher.«
General Leo Rupnik, fanatischer Antikommunist und »Patriot«,
der seine Laufbahn als k. u. k. Major begonnen und nach dem Ersten Weltkrieg
bei der südslawischen Armee angeheuert hatte, ließ sich 1942
von den Italienern zum Bürgermeister von Ljubljana küren. Ein
Jahr später, nachdem Italien kapituliert und die Deutsche Wehrmacht
das gesamte »Adriatische Küstenland« besetzt hatte, sollte
er die faschistische slowenische Heimwehr, die domobranci, begründen.
Hauptaufgabe der Truppe war die Bekämpfung der Partisanen. Jedes
Mitglied schwor »beim Allmächtigen, daß ich zusammen
mit der bewaffneten Deutschen Wehrmacht, die unter dem Befehl des Führers
Großdeutschlands steht, mit den SS-Truppen und der Polizei im Kampf
gegen die Banditen und den Kommunismus sowie deren Bundesgenossen meine
Pflichten erfüllen werde.« Im Herbst 1944 zählte die Heimwehr
rund 13.000
Freiwillige. Zahlreiche Massaker an Widerstandskämpfern und verdächtigen
Zivilpersonen gingen auf ihr Konto. Gegen Kriegsende, die militärische
Niederlage vor Augen, flüchtete ein Großteil der domobranci
nach Kärnten, wo sie von den Briten interniert und bald an die Tito-Truppen
ausgeliefert wurden. In der Folge fanden Tausende in Massengräbern
oder Karsthöhlen ein gewaltsames Ende. Diese Massenmorde gehören
zu den dunkelsten Kapiteln der Geschichte des sozialistischen Jugoslawiens.
Während mit dem Fußvolk in der Regel kurzer Prozess gemacht
wurde, führte man Leo Rupnik 1946 einem Volksgericht vor. Er wurde
als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt und hingerichtet. Heute propagiert
das Büro zur Förderung des Fremdenverkehrs in Škofja
Loka die touristische »Wiederbelebung der Rupniklinie«. Ein
Werbeprospekt verspricht »Adrenalinausbrüche beim Klettern
durch Schießscharten und dem Abstieg in die geheimnisvollen, unteriridischen
Gänge der militärischen Anlage«. Über die zweifelhafte
Rolle ihres Namensgebers wird kein Wort verloren.
Während die Bunker und alten Grenzsteine am Vrh Bače an Krieg
und italienische Besatzung erinnern, zeugen zahlreiche Flurnamen im Tal
von einer viel länger zurück liegenden und weitaus friedlicheren
»Okkupation«: der Besiedelung der zuvor menschenleeren Gegend
durch Tiroler Bauern im 13. Jahrhundert. Sie erfolgte auf Geheiß
der Freisinger Bischöfe, die das Land von Otto II. als Lehen erhalten
hatten. So zogen etwa 70 Kolonisten aus Innichen im heutigen Südtirol
ins Land, um die steilen Hänge südlich der Črna prst
und östlich des Vrh Bače zu roden und eine Handvoll Dörfer
zu gründen. Aufgrund der Abgeschiedenheit und der weitgehend autochtonen
Lebensweise überdauerten Sprache und Kultur der Einwanderer fast
sechs Jahrhunderte. So bildete sich in der Baška grapa die älteste
deutsche Sprach-insel Sloweniens heraus. Dennoch erlangte sie nicht annähernd
die Prominenz der Gottschee, der zweiten historischen Sprachinsel im Südosten
des Landes. Diese wurde rund 100 Jahre später von Oberkärntner
Bauern besiedelt und sollte im 20. Jahrhundert als »Brückenkopf
des Deutschtums« ideologisch vereinnahmt werden. Auch die Wissenschaft
schenkte den »Tirolern« des Bača-Tales viel weniger
Aufmerksamkeit als den (zahlenmäßig freilich viel stärkeren)
Gottscheern. Füllen die Bücher über diese Sprachgruppe
Regale, was auch mit der tragischen Geschichte der Umsiedelung und Vertreibung
der Gottscheer während und nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Nazis
bzw. Kommunisten zu tun hat, findet sich über die Nachfahren der
Siedler aus dem Pustertal kaum wissenschaftliche Literatur.
Einer der wenigen Gelehrten, der sich mit ihnen befasste, war der Kärntner
Sprachforscher Eberhard Kranzmayer. Seinem »Wörterbuch der
deutschen Sprachinselmundart von Zarz/Sorica und Deutsch-rut/Rut in Jugoslawien«
entnimmt man, dass das Vokabular der deutschen Sprachgruppe des Bača-Tales
noch Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend mit dem spätmittelalterlichen
Wortschatz des Pustertales übereinstimmte. Nur ein Fünftel der
gebräuchlichen Wörter wurde als »modern« bezeichnet,
der Rest als »Altpustertaler Gut« eingestuft:
uralte Wörter und Begriffe waren konserviert worden. Einen Eindruck
vom exotischen Klang der Mundart mag diese Kostprobe vermitteln: »De
ooltn Laite žint genoumen a Schiirwele Vair, nou wäwwr gean
ze raachan, daß brnt gean de Zouprare hin auf en de Kchouvln auf
ze dr wildn Waabe.« (Die alten Leute haben eine kleine Schaufel
genommen, um auszuräuchern, damit die Zauberer auf die Kofeln zu
den wilden Frauen gehen.)
Obwohl bei der Volkszählung im Jahr 1918 kein einziger deutschsprachiger
Einwohner mehr erhoben wurde (der letzte offizielle »Deutsche«
verstarb 1911), überlebte der Altpustertaler Dialekt als Haussprache
noch mehrere Jahrzehnte. Einen deutlichen Nachklang vernimmt man bei Bergnamen
wie Altemaver, Tonderškofel und Kogel oder bei Hausnamen wie Plimpf,
Štodler und Povden. Unverkennbar »deutsch« sind aber
auch viele Familiennamen. Am Friedhof von Rut (Deutschrut), dem größten
»Tiroler Dorf« der Baška grapa, können die Gräber
der Familien Kemperle, Kusterle, Štendlar, Kamperle, Maver, Ortar
und Burger besichtigt werden, deren slowenisierte Nachfahren noch immer
hier leben.
Ein stummer Zeuge ihrer Geschichte ist die denkmalgeschützte »1000jährige«
Linde neben der Kirche. Unter ihrer mächtigen Krone tagte einst die
weltliche Gerichtsbarkeit, was auf den hohen gesellschaftlichen Status
der Siedler schließen lässt. Fest steht, dass die Einwanderer
freie Bauern waren, eigenes Jagdrecht besaßen und beträchtliche
Abgabenerleichterungen genossen. Also wurden die Pustertaler nicht hierher
verbannt (wie gelegentlich behauptet wird), sondern dürfte ihre Ansiedelung
eine Belohnung für treue Dienste gewesen sein. Dafür spricht
auch, dass die Nachfahren bis ins 19. Jahrhundert alljährlich Pilgerfahrten
zum Dankgottesdienst in die alte Heimat unternahmen. Schließlich
sind auch die klimatischen Bedingungen der Baška grapa viel besser
als im höher gelegenen Innichen.
Ob auch die Schönheit der Landschaft für die Standortwahl mit
bestimmend war, ist nicht bekannt; zu beneiden sind die Einwohner von
Rut dafür allemal. Das hübsche Dorf sitzt fünf Kilometer
nördlich von Koritnica auf einer überraschend weitläufigen
Geländestufe mit sanft geneigten Hängen, die die Häuser
wie ein Amphitheater umrahmen. Säuberlich gemähte Wiesen, gepflegte
Hausgärten und handtuchgroße Felder vermitteln den Eindruck
einer fast unverdorbenen Bergbauernidylle. Dazu gehört ein kompaktes
Ortsbild mit etlichen historischen Bauten, unter denen vor allem die stattlichen
und ungewöhnlich gedrungenen Doppelharpfen hervorstechen. Den dramatischen
Hintergrund bilden die weißen Felswände der Wocheiner Berge.
Landwirtschaftlich weniger günstig, aber fast ebenso malerisch ist
die Lage der Nachbardörfer Kal, Sv. Ožbolt und Stržišče.
Hier steigen die Wiesen am Ortsrand sofort steil an und muss die Heuernte
zum Teil mit dem Steigeisen eingebracht werden. Auffallend sind die spitzen
Giebel, die sich in Sv. Ožbolt zu einer besonders reizvollen Dachlandschaft
verdichten; Seltenheitswert haben die »schiefen«, weil –
entgegen jeder slowenischen Bautradition – in der Falllinie errichteten
Harpfen von Stržišče. Vom »tirolerischen«
Einschlag der Architektur hat sich aber in Kal am meisten erhalten. Um
den kleinen Dorfanger mit Brunnen und Tränke drängen sich Häuser,
wie sie vielleicht auch im Pustertal stehen könnten. Ein stolzer
zweistöckiger Bauernhof im Zentrum kündet mit kunstvollen Fensterverzierungen
und Wandmalereien von seiner einstigen Bedeutung. Liebevoll renoviert
wurde auch eine Reihe alter Speicher und Stallgebäude.
Bača pri Podbrdu, 1377 als »Binchinuel« erwähnt,
weist ähnliche Häuser auf, auch wenn sich hier kaum noch deutsche
Hausnamen
finden. Ein Gutteil der Gebäude steht leer, denn die jungen Leute
sind mangels Verdienstmöglichkeiten ins Tal gezogen oder überhaupt
abgewandert. Noch vor 25 Jahren hatte Bača 100 Einwohner, bis zum
Ersten Weltkrieg sogar mehr als doppelt so viele, was angesichts der geringen
Häuserzahl kaum zu glauben ist. Damals gab es sechs Großbauern,
vier Kleinbauern und mehrere Keuschler, die als Tagelöhner, Knechte
oder Holzarbeiter ihr Brot verdienten. Wer keine Arbeit fand und mutig
oder verzweifelt genug war, suchte sein Glück in der weiten Welt.
Fast jede Familie hatte oder hat Verwandte in Übersee – das
Ergebnis mehrerer Auswanderungswellen, die die Arbeitssuchenden vorzugsweise
nach Argentinien und Australien verschlugen. Legendär ist der einstige
Kinderreichtum der Familien von Bača. Manche sollen so viel Nachwuchs
gehabt haben, dass sich die Geschwister untereinander nicht einmal beim
Namen kannten. Das war, wenn es denn wahr ist, wohl auch eine Folge der
bitteren Armut, die schon Zehn- oder Zwölfjährige zwang, sich
bei fremden Bauern als Hilfskräfte zu verdingen.
Legenden ranken sich auch um die Kirche von Bača. Sie ist dem Heiligen
Leonhard, Sveti Lenart, geweiht und wird von Einheimischen als eine der
ältesten Kirchen Sloweniens bezeichnet. Außerdem soll das Gotteshaus
– St. Leonhard ist u. a. Schutzpatron der Gefangenen – einst
von einer goldenen Kette umspannt gewesen sein. Der kostbare Schmuck wurde
aber mitsamt dem übrigen Kirchengold von türkischen »Rennern
und Brennern« geraubt, an deren Heimsuchungen ein »Türkenkreuz«
erinnert. Bis heute werden der Messkelch und die Monstranz nicht im Tabernakel,
sondern in einem externen Versteck aufbewahrt. Derlei Sicherheitsmaßnahmen
hat die Statue des Sveti Lenart nicht nötig: Der Heilige pflegt sich
seines Abtransports durch wundersame Gewichtszunahme zu widersetzen. Jeder
Versuch, die Figur ins Tal zu bringen, endete bisher damit, dass die Träger
auf halbem Weg entkräftet aufgeben mussten, um den (nun plötzlich
wieder federleichten) Heiligen reumütig an seinen angestammten Platz
zurückzubringen. Historisch gesichert ist die Geschichte des Friedhofs:
Hier fanden in der Reformationszeit die Katholiken aus Bohinj ihre letzte
Ruhe. Im Winter, erzählt man, wenn der Schnee keine Leichenzüge
über den Vrh Bače erlaubte, wurden die Verstorbenen zwischengelagert:
entweder im Eis oder, zur dauerhaften Konservierung, in der Räucherkammer. |