Offener Brief an den Kulturreferenten der Stadt Klagenfurt

Sehr geehrter Herr Stadtrat Gassner!

Das Jahr 2002 ist vorüber und der von Ihnen vor Monaten versprochene Kulturbericht der Stadt Klagenfurt läßt noch immer auf sich warten Also bleibt uns nichts übrig, als die von Ihnen unter Verschluß gehaltenen Zahlen des Jahres 2001 auf eigene Faust unter www.unikum.ac.at zu veröffentlichen.
Schon auf den ersten Blick wird verständlich, warum Sie den BürgerInnen den Einblick in Ihre Subventionen vorenthalten: Ihre Förderpolitik ist unausgewogen, steckt voller Widersprüche und verstößt gegen die Richtlinien des Kärntner Kulturförderungsgesetzes. Während Sie nämlich manchen kritischen Kulturinitiativen aus Gründen der »Sparsamkeit« die Förderung vorenthalten, erfreuen sich kulturfremde Vereine beträchtlicher Zuwendungen aus dem – von 13 auf 12 Millionen Schilling gekürzten – Förderungsbudget.
So listet der interne Subventionsbericht der Stadt Klagenfurt u. a. folgende »Maßnahmen der Kulturpflege« auf:

+ Power-Productions, Grandsilvester-Schleppe Arena – 30.000 Schilling
+ Mediaprint Zeitungsvertriebs GmbH, Performance Marketing (Kronenzeitung) – 200.000 Schilling (weitere 200.000,– gibt’s aus der Fremdenverkehrsförderung)
+ Stadtrichter zu Clagenfurth – 500.000 Schilling (plus 500.000,– Fremdenverkehrsförderung)
+ Nostalgiebahnen – 100.000 Schilling
+ American-Way-Party – 10.000 Schilling
+ Trendsportclub Mag. Thomas Anhell – 25.000 Schilling

Unterhaltsames findet sich auch unter den »Maßnahmen der Musikpflege«, wie etwa 80.000 Schilling für ein »Silvesterkonzert« am Neuen Platz oder 50.000 Schilling für das kommerzielle New-Orleans-Festival. Und unter der Rubrik »Heimatpflege« finden sich allein 124.000 Schilling für Faschingsgilden (die darüber hinaus mit Sachsubventionen in Millionenhöhe bedient werden).
Weiters fällt die merkwürdige Gewichtigung der Förderungen auf: Erhält etwa der Verein Scherzo für eine einzige Theaterproduktion 700.000 Schilling, muß das kontinuierlich arbeitende Generationentheater Artemis mit 50.000 Schilling das Auslangen finden. Zeitgenössische Musik, wie sie der Hortus Musicus oder der Verein ARCADE vermitteln, wird mit 20.000 bzw. 10.000 Schilling abgespeist, dafür darf sich der Wulfenia-Chor gleich über zwei Förderungen von je 100.000 Schillling freuen. Die Literaturförderung beschränkt sich auf insgesamt 160.000 Schilling (das Robert-Musil-Archiv geht dabei leer aus), während Trachtenkapellen und Gesangsvereine ein Vielfaches bekommen und die Wörtherseebühne gar 2.000.000 Schilling verschlingt.

Die Reihe der Ungereimtheiten läßt sich fortsetzen; die Fragen, die sich daraus ergeben, sind stets dieselben:
Warum, Herr Stadtrat, fördern Sie Vereine, die keinerlei relevante Kulturarbeit leisten?
Wie rechtfertigen Sie die Vergabe von Kultursubventionen für kommerzielle Veranstalter?
Was veranlaßt Sie zur krassen Benachteiligung qualitätsbewußter Kultureinrichtungen gegenüber den Exponenten seichter Unterhaltungskultur?
Und schließlich: Können Sie garantieren, daß alle Subventionen des Jahres 2001 korrekt mit der Kulturabteilung abgerechnet wurden?

Wir sehen Ihrer Antwort mit Interesse entgegen und erwarten, daß Sie Ihr Versprechen, den Kulturschaffenden und Steuerzahlern einen umfassenden Kulturbericht vorzulegen, noch vor Ablauf Ihrer Amtsperiode einlösen.

Angelika Hödl und Gerhard Pilgram
für die IG KIKK – Interessensgemeinschaften der Kulturinitiativen in Kärnten/Koroska.
Klagenfurt, 7. 1. 2003