ge::wässer


Am Lendspitz

An ihrem Oberlauf – zwischen Wörther See und den Sieben Hügeln – ist die Sattnitz nur an wenigen Stellen zugänglich, drängen sich doch an ihren Ufern dicht an dicht die Häuser oder verhindert der Schilfgürtel den Zutritt. Eine der wenigen Ausnahmen ist der gut versteckte Campingplatz »Michelin« nahe der Süduferstraße. Hier, im satten Gras unter hoch aufragenden Bäumen, kann man zumindest zeitweilig und gegen Gebühr direkt am Wasser verweilen. Wer an der Böschung sein Zelt aufschlägt, blickt in eine klare, türkisgrüne Strömung, in der sich furchtlose Fische tummeln und den Betrachter zum Sprung ins kühle Nass einzuladen scheinen. Die Sattnitz, slowenisch Jezernica, ist der einzige natürliche Abfluss des Wörther Sees. Ihr amtlicher, jedoch kaum gebräuchlicher Name lautet Glanfurt.
Bis vor dreieinhalbtausend Jahren reichte das Ufer des Wörther Sees bis St. Ruprecht, also gut vier Kilometer weiter östlich als heute. Als sich der See zurückzog, entstand ein ausgedehntes Sumpfgebiet, das von der Sattnitz in zahlreichen Mäandern und mit mehreren Seitenarmen durchschnitten wurde. Noch vor wenigen Generationen floss das Wasser unreguliert ab, was ständige Überschwemmungen zur Folge hatte und die Bewohner von Waidmannsdorf regelmäßig von der Umwelt abschnitt. Wechselfieber und »Ruhrkrankheiten« gehörten zu den Begleiterscheinungen des feuchten Klimas. Erste Pläne zur Trockenlegung des Moors entstanden zur Zeit Maria Theresias, doch fand die erste Teilregulierung der Sattnitz erst 1853 statt. Seit 1884 regelt eine bewegliche Schleuse an der heutigen Wörther-See-Südufer-Straße den Wasserspiegel des Sees. Ihr Vorläufer, ein steinernes Überfallwehr, war geschaffen worden, um Streitigkeiten zwischen Mühlenbesitzern an der Sattnitz und Schiffern auf dem Lendkanal aus der Welt zu schaffen. Heute dient die Anlage dazu, bei Niederschlagsarmut genügend Wasser im See zurückzuhalten bzw. die Wassermengen bei übermäßigem Regen zeitgerecht abzuleiten. Letzteres führte im 19. Jahrhundert wiederholt zur Überflutung landwirtschaftlicher Flächen, was die Existenz der Bauern gefährdete.
Die zweite große Sattnitzregulierung wurde 1915 in Angriff genommen. Größtes Vorhaben war der Bau des Waidmannsdorfer Kanals. Er hatte eine Länge von ca. 5 km; die Sohltiefe lag 1,5 m über dem Sattnitzbett. Gegraben wurde er von russischen Kriegsgefangenen, weshalb er im Volksmund auch »Russenkanal« genannt wurde. Weitere Maßnahmen waren die Errichtung eines Hochwasserschutzdammes am Wörther-See-Ostufer sowie die Entwässerung großer Sumpfflächen durch weitläufige Drainagierungen. Abgeschlossen wurde das Projekt erst im Jahre 1964. Der Plan der Nationalsozialisten, aus Waidmannsdorf mittels schiffbarer Kanäle ein »zweites Venedig« zu machen, war da längst ad acta gelegt.
»Eines der letzten Juwele am Wörther See erwartet Dich. Eingebettet zwischen Sattnitzfluss und Wälder, inmitten eines Landschaftsschutzgebietes liegt unser Vereinsgelände. (...) Es hat einen eigenen Seezugang mit Kinderbad (...) und ist mit Tennisplatz, Kinderspielplatz, Tischtennistischen, Tischfußball etc. bestens ausgestattet. Wir verfügen über eine eigene Vereinskantine, und auch die sanitären Einrichtungen sind (...) komplett erneuert worden.« – So beschreibt die Körpersportvereinigung »Wörthersee«, ein vor 55 Jahren gegründeter Nudistenverein, ihr Revier am Südufer der Sattnitz.
Doch nun ist die Idylle in Gefahr und drohen städtische Politiker das lustige Völkchen aus dem Paradies zu vertreiben. Das Badegelände soll nämlich zum Vogelschutzgebiet erklärt werden, wogegen die Sonnenanbeter mit Unterschriftenaktionen und Flugblättern erbittert kämpfen. Gegen die geplante Vogelwarte werden schwer wiegende Argumente ins Treffen geführt: »Es wäre unverantwortlich, ungeimpfte Touristen durch die Sumpf- und Waldlandschaft zu führen. Es gibt Zecken und oft Myriaden von Gelsen, welche FSME und auch Borreliose übertragen könnten, die Legionellen sollten uns reichen.« Außerdem könnte »es auch bei uns zum Ausbruch der Vogelgrippe kommen. In Russland ist sie schon.« Und schließlich erfülle das FKK-Gelände eine wichtige soziale Aufgabe, denn »vor allem für Kinder und Jugendliche, für Menschen, die den Partner verloren haben, ist der Verein eine große Hilfe, um nicht zu vereinsamen.«

Angelika Stürzl *
Eva-Maria Steinbacher *