ge::stade


Badehaus an der Sattnitz (Glanfurt)

Das Klagenfurter Strandbad ist eine Badeanstalt der Superlative. Rund 10.000 Menschen fasst es mit Leichtigkeit, kolportiert wird, an sonnigen Spitzentagen, das Doppelte. Mit dem Aufkommen des Fremdenverkehrs und dem Anwachsen der Klagenfurter Bevölkerung gab es, einige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, steigenden Bedarf nach allgemeinem Zugang zu den Wörther-See-Fluten. Nach Aufschüttungs- und Befestigungsarbeiten fand 1924 in provisorisch errichteten »Familienzelten« eine erste Badesaison statt. Zwei Jahre später wurde das Gelände um ein Musik- und Buffetgebäude erweitert. Das endgültige Konzept stammt von Franz Koppelhuber und Paul Theer, und auch wenn manches dem Sparstift zum Opfer fiel, gelang ihnen der Entwurf für eine unerhört dimensionierte und hochmoderne Badeanstalt. Die Bauzeit betrug lediglich zwei Jahre (1927–1929). 12.000 verbaute Quadratmeter, ein großzügiger Kassenraum, eine von 8 m hohen Säulen gesäumte Eingangshalle, Zierhöfe mit rot gepflasterten Wandelgängen, Kabinen, Sonnenterrassen, ein Restaurant und ein Konzertpavillon standen dem Publikum zur Verfügung. Große Liegewiesen und zwei 100 m lange Brücken mit Plattform komplettierten den Luxus. Rigorose Bekleidungsvorschriften, wie sie allgemein üblich waren, schrieben den Männern Schwimmhosen mit Schenkelansatz vor. Den Frauen wurde bald die Flucht aus der Bekleidungsvorschrift ermöglicht. 1932 wurde die Anlage um das Bootshaus und um das Damensonnenbad ergänzt. Drei Jahre später erhielt auch das Sportbad sein endgültiges Ausmaß.
Das noch heute größte Standbad Österreichs wurde von der Politik wie von den Sonnenhungrigen gleichermaßen gefeiert. So schrieb etwa ein Stadtrat 1929 voller Stolz: »Die prächtige Anlage des Strandbads ist dem riesigen Andrang vollkommen gewachsen. Sie ist die große, erlösende Tat am Wörther See. Mitten aus einer kleinen Wildnis, aus sumpfigem schwammigem Grund mit üppiger Schilfwucherung wurde dieses moderne Werk dem Ostufer abgerungen. Nun beherrscht es dasselbe als König der Bäder und hat das Nichts des Wildwuchses in ein Paradies verwandelt.«
Inzwischen wurde das Klagenfurter Strandbad für zeitgemäße Bedürfnisse mehrfach nachgerüstet. Es gibt drei Brücken, eine Riesenrutsche, ein Badefloß, rund 2000 Kabinen und Kästchen. Boote verschiedenster Bauart können gemietet werden. Am nahen Beach-Volleyballplatz trifft sich einmal jährlich die Weltelite des Trendsports. Das Volk trifft sich am Biertisch oder im Restaurant und vertraut darauf, dass sich die Salmonellenepidemie des Jahres 2003 nicht wiederholt. Musik schallt aus Lautsprechern, unterbrochen nur von Personenaufrufen und Kleinkind-Suchmeldungen. Dort der Strand für die Kleinen plus Aufsicht, hier das Dorado der Pärchen, drüben die Alten, die Schachspieler, die Kartendippler, die Freaks, die Säufer, die Sportlichen und die Leseabenteurer. Die Brücken gehören der Jugend. Und über allem schwebt ein namenloser Duft.
Nicht nur für die Architektur gilt, was Friedrich Achleitner im »Österreichischen Architekturführer« schreibt: »Obwohl die Größe der Anlage sicher die damals gewohnten Maßstäbe gesprengt hat, zeigt sich keine Spur von jenem technoiden Protz, der so viele neue Bäder unerträglich macht.« Die Masse zeigt ihr Freizeitlächeln und ist ohnehin anderswo als man selbst.

Tina Hofstätter