Wer sich nach Postkartenidylle
sehnt, sollte die Halbinsel Maria Loretto am südöstlichen Ufer
des Wörthersees besuchen. Sie wird von einem kaisergelben Schloss
beherrscht, das sich auf einem steilen Felsen hoch über das Wasser
erhebt und von einer schattigen Parkanlage umrahmt wird. »Das jetzige
Schloss sieht aus wie ein Bürger mit edlem Gesicht, sein größter
Vorzug ist die Abgeschiedenheit«, schrieb Valvasor 1688. Abgeschieden
ist der Ort trotz des benachbarten Bade- und Restaurantbetriebes nach
wie vor, wenngleich die »edle Fassade« längst abgebröckelt
ist, was aber der Atmosphäre nur zuträglich ist. Jahrhundertelang
befand sich die Liegenschaft im Besitz der Familie Orsini-Rosenberg. Nach
einem langwierigen Rechtsstreit innerhalb der Familie wurde sie im Jahr
2002 an die Stadt Klagenfurt verkauft. Konzepte für eine Nutzung
fehlen bis dato, also dämmert das Schloss vor sich hin.
Dass das Kleinod, bestehend aus Hauptgebäude, Kapelle und Nobelrestaurant,
lediglich den kümmerlichen Rest einer einst ausgedehnten Palastanlage
mit mehreren Nebengebäuden und Ziergärten darstellt, ist kaum
zu glauben. Diese wurde 1652 von Johann Andreas Graf von Rosenberg erbaut
und war von einer Mauer mit zwölf freistehenden Türmen umgeben.
Das Eingangsportal überspannte den Lendkanal und konnte per Boot
passiert werden. Damals war Loretto noch eine Insel und konnte nur auf
dem Wasserweg bzw. über eine Brücke erreicht werden. Anfang
des 18. Jahrhundert vernichtete eine Feuersbrunst das Lustschloss, das
in der Folge nur noch teilweise in Stand gesetzt wurde. Sein Inseldasein
nahm bald durch Verlandung ein Ende.
Zwar bleibt das Schloss, das nach Valvasor »inwendig viel schöne
Zimmer und bequeme Gemächer samt einem großen lustigen Saal
hat«, dem heutigen Besucher verschlossen, doch lohnt die Besichtigung
des Areals schon wegen der Aussicht auf den See. Besonders schön
ist der Blick von der überdachten Warte an der Westseite des Schlosses.
»Hier kann man«, so Edmund Tullinder in einem Wörther-See-Führer
aus dem Jahr 1881, »am späten Abend, wenn das tägliche
überlaute Treiben der Städter verstummt ist, der Sprache der
Natur horchen, welche in dem Murmeln der kleinen Wellen des Sees, in dem
Rasseln des Schilfes, nicht selten in dem Grollen eines fernen Gewitters
zum Ausdrucke kommt.«
Kehrt man von dort in den Park (in dessen Zentrum ein großer schmiedeeiserner
Brunnen steht) zurück, gelangt man zu einer weiteren Sehenswürdigkeit:
der Schlosskapelle. Sie besitzt ein mediterran anmutendes Tonnengewölbe
und zwei auffällig geschweifte Giebel. Angeblich ist das Kirchlein
die detailgetreue Nachbildung der Basilika Maria-Loreto 25 km südlich
von Ancona und gibt es davon weltweit »über tausend«
Kopien. Im Inneren erwartet den Besucher barocke Pracht, komprimiert auf
kleinsten Raum. Bezaubernd ist nicht nur der reich geschmückte Altar
mit dem großen vergoldeten Tabernakel, sondern auch die üppige
Wandbemalung und die »orthodoxen« Glaslaternen. Kostbarstes
Stück ist eine Schwarze Madonna, die von Graf Rosenberg aus Italien
eingeführt wurde, und die sich laut Inschrift als feuerresistent
erwiesen hat, als sie »von unten hinauf brennend gefunden«
wurde, ohne die geringste Verletzung aufzuweisen. Auf der Rückseite
des Altars sind Graffiti der Pilger vergangener Zeiten zu sehen, über
die der erwähnte Reiseführer einst vermerkte: »…
denn allüberall, auf Wänden und Bilderrahmen, auf den in Oel
gemalten Heiligenbildern, ja sogar auf dem Antlitze der Heiligen auf dem
Hauptaltare, hat die ruchlose Blödigkeit nichts achtender Menschen
tausende Namen verzeichnet, und so einen sprechenden Beweis der Geistesarmuth
der mit diesen Namen bezeichneten gegeben.« Interessant ist auch
die verschließbare Altarnische an der Außenwand, die der Heiligen
Johanna geweiht ist und sich wie eine Guckkastenbühne öffnen
läßt. Besichtigung nach telefonischer Terminvereinbarung mit
der Pfarre St. Josef-Siebenhügel (0463/22618) oder mit Herrn Willi
Florian (0650/6153640).
Andrea Bugge
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