arrow_back Bled/Veldes (Ortsbeschreibung, V. Etappe, Auszug)
Seine Bekanntheit als Badeort erlangte Bled aber gar nicht wegen seines Sees. Schon 1689 berichtete Johann Weikhard von Valvasor von einem »Warmbad bey Felden-See«, das »durch den Verwalter Feldes ruinirt und vertilgt« worden war. Die Thermalquellen, ursprünglich sieben an der Zahl, befanden sich an der Ostseite des Sees und waren dem Besitzer wegen des zunehmenden Besucherandrangs ein Dorn im Auge gewesen. Nach Jahren der Stagnation als »Bettlerbad« gerieten die Quellen Anfang des 19. Jahrhunderts ins Visier der Wissenschaft. Sie erkannte die heilkräftige Wirkung des Wassers, und als ein gewisser Professor Richter die »Gesundung eines gelähmten Knaben« nach dem Bade sowie die »Heilung einer veralteten Fußwunde« vermeldete, stand »Bad Veldes« Aufschwung nichts mehr im Wege. Die Quellen wurden neu gefasst und überdacht. Heute speisen sie die Hallenbäder der großen Hotels.
Einen Durchbruch erlebte Bled mit der Errichtung einer »Kaltwasserheilanstalt« durch den Schweizer »Hydropathen« Arnold Rikli im Jahre 1855. »Mit überraschendem Erfolg heilte er bleichsüchtige, an Uterus-Beschwerden, sowie an heftiger Migraine und gestörten Menses leidende Damen, dann Männer, die an Gicht, Unterleibs-Plethora, Hämorrhoiden, Rückgratslähmungen, an scropulösen, oder sonst auch veralteten Ausschlägen, an intensiven Folgen sinnlicher Ausschweifungen usw. litten.« Rikli verstand sich als »Naturarzt« und befand sich im radikalen Widerspruch zur »Staatsheilkunde«, deren Arzneien er Fremd- oder Todstoffe nannte. Außerdem geißelte er jeden »Verzehr von Blut- und Leichensubstanz«, d. h. von Fleisch, als »Barbarismus, Ironie auf die Humanität und traurige Vorleuchte unserer Mord- und Kriegslust«. Riklis Medizin waren »thermo-electrische Licht- und Luftbäder«, bei denen »die schwächsten Körperteile zwischen kalten Waschungen dem Sonnenlichte ausgesetzt, dadurch der Blutumlauf vergrößert und im raschen Wechsel von natürlicher Kälte und Wärme das Leben des Organismus erhöht und gestärkt« wurden. Außerdem verordnete er »abhärtende und leichte Kleidung zur Erlangung der unverwüstlichen, allen Einflüssen der Witterung trotzenden Zigeuner-Gesundheit« sowie »Nacktwanderungen mit beständigem Bergauf- und Bergabsteigen«. Er selbst soll sich mehr als 3.000 solcher »Luftbäder« ausgesetzt haben. So prägte Rikli gut 50 Jahre den Fremdenverkehr Bleds. Auf der Straža, einem Aussichtshügel südöstlich des Ortes, erinnert ein schwarzer Obelisk an den Gesundheitsapostel. Beim Bau des Sessellifts dorthin dürfte sich der gute Mann im Grabe umgedreht haben. Den Platz seiner alten Kuranstalt nimmt heute das Casino ein.
Als sich zu Riklis Naturheilanstalt bald eine Reihe weiterer Kurhotels und Badeanlagen hinzugesellte, entbrannte ein eifriger Wettstreit um erholungs- und genesungsbedürftige Kundschaft. Dienten sich die einen eher den an »Blutverdickung, Leberanschoppungen und Fettwucherungen« leidenden Männern an, bemühten sich andere um die weibliche Klientel. So betrieb ein gewisser Dr. Müller ein Schwefelbad, »das mehrfachen Beobachtungen zufolge die Haut auffallend glatt und rein macht«. Daraus kehrten »Damen mit blassem oder vergilbtem Teint zum Erstaunen ihrer Umgebung mit grösserem Liebreiz und erhöhter Schönheit (...) zurück«, und zwar »indem ihre Haut an Feinheit und zarter, rosiger Frische des Incarnats gewann, so dass gleichmässig Rosen und Lilien auf den lieblichen Gesichtern um die Herrschaft stritten.«
Nach dem Bau der Eisenbahnlinie Tarvisio–Ljubljana im Jahr 1870 empfahl sich Bled immer mehr als »heilbringend für Krankheiten, wie sie in den höheren Sphären der Gesellschaft vorzukommen pflegen«, also für psychische Leiden: »Dort in der prächtigen Alpenwelt gewinnt der melancholisch Überdrüssige wieder Lebensmuth und Lebensfreude. Für Hypochondrie, nervöse Zustände bietet die frische, freie und frohe Alpennatur Läuterung und Erhebung. Die eingebildeten Krankheiten verschwinden.« Und so strömten die Gemütskranken bald in Massen aus allen Ecken der Monarchie herbei.

Bootsvermietung am Blejsko jezero (Text & Foto: Gerhard Pilgram)