Kaum hat man Sežana hinter sich gelassen, betritt man noch einmal den klassischen Karst. Zwei Stunden unversehrter Natur- und Kulturlandschaft hat man vor sich. Anfangs schnurgerade, dann mäandernd, passiert man zahllose Dolinen, später idyllische Trockenwiesen. Wie bereits am Vortag prägen Steinmauern und bizarre Kalkblöcke das Ambiente. Ohne es zu bemerken, überschreitet man die Grenze zu Italien, erst später erinnert ein altes Warnschild an den ehemaligen Eisernen Vorhang. Auch das Grenzdorf Trebiciano/Trebče wirkt kaum italienisch; kein Vulgo-Name, der nicht slowenischer Herkunft wäre. Nur kurz ist der Anstieg zum bewaldeten Kamm über Triest. Gibt die Vegetation anfänglich nur Ausschnitte frei, überblickt man bald die ganze Stadt. Wie ein Seestern liegt sie am Wasser; dahinter streckt der Hafen seine Tentakel aus. Von oben, unter dem Gewicht des Himmels, schiebt sich das Meer ins Bild. Das Weite: Man hat es gesucht und gefunden. Riesige Sendemasten, die wie Abschussrampen zum Himmel ragen, markieren den höchsten Punkt. Ein Campingplatz erweist sich (auch im Winter) als ideale Labestation. Bestens schmecken die antipasti, vom süffigen Wein a la spina ganz zu schweigen. Noch ein paar Schritte, und man erblickt den Obelisken von Villa Opicina/Opčine, wo die legendäre Straßen- und Standseilbahn Anlauf zur abenteuerlichen Talfahrt ins Zentrum von Triest nimmt. Wer der Versuchung widersteht, erlebt im letzten Drittel einen überraschend grünen Stadtspaziergang, bei dem sich die dörfliche Peripherie und mehrere historische Wege zu einem kurzweiligen Leporello fügen. Hundemüde findet man sich schließlich auf dem Molo Audace wieder. Eine Möwe hat sich den Flügel gebrochen, der Himmel verfärbt sich rot. |