Elena MESSNER
Das Fleisch Europas und der Straßburger Speckhimmel

Straßburg/Strasbourg (FR, Einwohnerzahl: 287.228, Stand Jänner 2019): Ein schwarzer Tag für den Klima- und Umweltschutz und ein Schlag ins Gesicht für die bäuerliche Landwirtschaft, so urteilt der EU-Parlamentarier Thomas Waitz. Ende 2021 berichten die Österreichische Presseagentur und mehrere Tageszeitungen, das EU-Parlament habe endlich mühsam einen Kompromiss für eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik gefunden. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte für die Änderungen, mit denen die Landwirtschaft in Europa, so das Ziel, »umweltverträglicher und gerechter« werden hätte sollen. Fast drei Jahre hatten die Verhandlungen um den großen Fördertopf der EU gedauert. 387 Milliarden Euro beträgt das Agrarbudget im EU-Haushalt 2021 bis 2027 – es ist damit der zweitgrößte Posten. Die Kritik an den Verhandlungsergebnissen in Straßburg betont, dass die Verknüpfung von Förder­mitteln mit der Erfüllung von Umweltauflagen nicht weit genug gehe und es nicht gelungen sei, die Direktzahlungen im notwendigen Ausmaß an verbindliche ökologische Mindeststandards zu knüpfen. Profitieren würden andererseits weiterhin die größten industriellen Agrar-Konzerne. »Die Landwirtschaft in Österreich ist wie die Landwirtschaft in der EU: Bestenfalls Folklore, im schlimmsten Fall tot«, lautet ein mit den Ergebnissen der ­Agrarreform unzufriedenes Posting in einer österreichischen Tageszeitung.
Straßburg (AUT, Einwohnerzahl: 1.171, Stand Jänner 2021): Die leicht verschneite Gebirgsgegend, die Straßburg im Gurktal umgibt, erweckt bei der Anfahrt das Gefühl in mir, einen Verlust erlitten zu haben. Während sich die Landstraße dahinzieht und an schneebeflaumten Äckern, nassem Gras, eingetrocknetem Feldschlamm vorbeiführt, wird meine wehmütige Grundstimmung stärker und stärker. Beklemmende Legenden einer Landschaft deuten sich an, in die der mittelalterliche Ort mit Burg, als er mir plötzlich vor Augen steht, wie hineingemalt wirkt. Das Zentrum ist ein Parkplatz und entvölkert. Sowohl das Städtchen als auch die Region leiden unter Leerstand und Abwanderung, in der Zeit der Winterferien und Corona sind in der Hauptstraße die meisten Geschäfte geschlossen. Ein Laden hat offen: die Fleischerei Seiser. Hier werde ich mangels anderer offener Unterkünfte nächtigen, und hier werde ich mit dem Besitzer des Unternehmens ins Gespräch kommen. […]
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Foto: Verena Gotthardt | In Straßburg