KLAUS AMANN: Vorwort | UVOD

Landschaften und Orte sprechen zu uns. Durch die Menschen, die sie bewohnen und beleben, aber auch durch ihre besondere Gestalt und ihre Namen. »Jaunfeld« oder »Bärental« oder »Hoffmannskees«. Sie sind, wie alle Namen von Landschaften und Orten, verbunden mit konkreten ­Gegebenheiten, historischen, politischen, topographischen, aber auch mit persönlichen Vorstellungen, Erinnerungen, Fantasien, zuweilen auch mit Ängsten. Wie aber, wenn Namen von Landschaften und Orten auch anderswo zu finden, zu lesen und zu hören sind: Gallizien, Malta, Kanaren, Podljubelj, Straßburg, Türkei, Venedig zum Beispiel? Sie gibt es keineswegs nur in Kärnten. Was spielt dann noch zusätzlich mit? Hat man daran je einen Gedanken verloren? Oder einen daraus gewonnen?
Vier Autorinnen und eine Fotografin – Anna Baar, Maja Haderlap, Elke Laznia, Elena Messner und Verena Gotthardt – haben sich gemeinsam mit drei Autoren – Antonio Fian, Alois Hotschnig und Daniel Wisser – auf ­Spurensuche in Kärnten/Koroška begeben: Sie wollten wissen, was es mit den Orten Gallizien/Galicija, Kanaren/Kanare, Klein Venedig/Pri Ječmenu, Malta, Straßburg, Türkei/Turče, Unterloibl/Podljubelj auf sich hat: Sie alle haben europäische »Zwillinge«. Welche Erinnerungen, Assoziationen, Fantasien und Überraschungen stellten sich für die Autorinnen und Autoren an Ort und Stelle oder aus der Erinnerung ein; worauf haben die dort »Einheimischen« sie gebracht oder gestoßen; was gab es zu erfahren, zu wissen, zu erahnen, zu spüren, zu empfinden, möglicherweise auch zu fürchten – real und imaginär. Wie spielten die Bilder und Vorstellungen, die Erinnerungen und Erfahrungen, die man vom europäischen Zwilling (oder Drilling) hat oder nicht hat in die konkrete Anschauung des Ortes hinein. Dies und vieles mehr ist in den literarischen Texten und in den Fotografien dieses Buches – die sich auf wunderbare Weise gegenseitig beleben, erläutern und ergänzen – nachzulesen, zu betrachten und nachzuempfinden.
Foto: Verena Gotthardt | Kanaren/Kanare