Das Val Pesarina im Nordwesten Friauls ist Schauplatz einer musikalischen Zeitreise unter der Leitung des Komponisten und Pianisten Karen Asatrian. Im »Tal der Zeit«, wo seit 300 Jahren Chronometer aller Art, von Wand- und Standuhren, über Turm-, Wasser- und Klappzahlenuhren, bis zu Stempel- und Stechuhren hergestellt werden, gestalten MusikerInnen unterschiedlicher Herkunft und Stilistik einen klangvollen Tag, der ganz im Zeichen der Vermessung von Zeit steht. |
Nüchtern betrachtet ist Musik ein klingendes Spiel mit Zahlen, das auf Notenwerten (ganze Note, halbe Note, Sechzehntelnote usw.), Intervallen (Prim, Terz, Quint, Oktave etc.) und Tempoangaben basiert. Vor den unbeirrbaren Pendelschlägen des Metronoms gibt es kein Entrinnen: beim Üben kann die Erfindung von Johann Nepomuk Mälzel aus dem Jahr 1816 manchmal zum Folterinstrument werden. |
Žamanak (armenisch für Zeit) nennt Karen Asatrian seine Komposition, die er eigens für diesen Anlass geschrieben hat. Das Leitmotiv besteht aus einer Melodie im Dreivierteltakt, die sich im langsamen Tempo von 60 Schlägen pro Minute — das entspricht dem durchschnittlichen Herzrhythmus oder dem Adagio bei den klassischen Tempobezeichnungen — in das musikalische Gedächtnis des Publikums einschreiben sollte. Entlang einer knapp 10 km langen Wegstrecke, die durch die vielfältige Kulturlandschaft des Val Pesarina und durch einzigartige Orte des Tales führt, wird die Melodie an insgesamt fünf Stationen immer wieder zu Gehör gebracht und variiert. |
Die Stationen im Einzelnen: |
1. Pesariis Il paese degli orologi, das vorbildlich erhaltene Uhrendorf Pesariis ist die erste Station der musikalischen Wanderung, die am Dorfplatz bei der sogenannten Planetenuhr beginnt. Es ist eine von 15 Großuhren, die es entlang des sehenswerten »Lehrpfads der Uhren« zu entdecken gibt. Dazu gehören u. a. Wasseruhren, die z. T. schon im Altertum bekannt waren, eine habsburgische Sonnenuhr, die verschiedene Zeitzonen anzeigt sowie eine Uhr aus dem 17. Jahrhundert mit fünf markanten Zeigern und einem kunstvoll beschrifteten Ziffernblatt. Nach dem musikalischen Auftakt mit Karen Asatrian am Keyboard und Philipp Sageder, Stimme und Live electronics, stellt Dietmar Pickl in seinem Text einige grundlegende Überlegungen zur Zeit an. |
2. Pesariis, Kirchplatz |
3. Stavoli Orias Zwölf stavoli — Ställe und Scheunen mit temporären Wohnbereichen im Obergeschoß — bilden den vielleicht schönsten Weiler Karniens. Jedes ein Muster an Ursprünglichkeit, fügen sich die tongedeckten Steinhäuser zu einem Ensemble von zeitloser Ästhetik. Auf einer Seehöhe von 1000 m gelegen, diente Orias im Mai und Juni als »Zwischenstation« der Weidetiere, ehe sie den Hochsommer, von HirtInnen und SennerInnen begleitet, auf Almen oberhalb der Baumgrenze verbrachten. Hier empfängt Trompeter Horst-Michael Schaffer das Publikum, das nach einem veritablen Anstieg von 350 Höhenmetern Zuflucht im Schatten sucht. Dietmar Pickl hingegen macht sich dazu Gedanken über die Faszination des Alten. |
4. Prato Carnico, Casa del popolo Wieder im Tal angekommen, steht eine Besichtigung der ehrwürdigen Casa del popolo in Prato Carnico, Hauptort und Sitz der gleichnamigen Gemeinde im Val Pesarina an. Die Errichtung des Volkshauses, das im Jahr 1913 eröffnet wurde, erfolgte auf Initiative von Auswanderern bzw. Rückkehrern aus ganz Europa und Übersee, die von revolutionärem Gedankengut im Ausland inspiriert worden waren. Es war über Jahrzehnte ein Hort des politischen Widerstands der örtlichen Bevölkerung und wird heute als Bildungs- und Kultureinrichtung genutzt. Musikalisch wird diese Station vom SFK-Streichquartett gestaltet, das mit MusikerInnen aus Kärnten, Friaul und Slowenien besetzt ist. |
5. Finale im ehemaligen Kino Der Schlusspunkt der PENDELSCHLÄGE | UTRIPI | COLPI findet im ehemaligen Kinosaal vis-à-vis der Casa del popolo statt und bringt alle Mitwirkenden gemeinsam auf die Bühne. Auch die Mitwirkung des Publikums ist vom Komponisten vorgesehen. |