|
Am Ufer er Ljubljanica |
|
Jurčičev trg |
|
Verlässt man das mittelalterliche Stadtzentrum
in südlicher Richtung und wechselt dabei auf das linke Ufer der Ljubljanica,
betritt man den Jurčičev trg, der einst den Kern des Judenviertels
bildete. Nur noch die Straßennamen Židovska ulica (Judengasse)
und Židovska steza (Judensteig) zeugen vom einstigen Ghetto. Es umfasste
im Mittelalter rund 15 Häuser und eine Synagoge, die bereits 1213 urkundlich
erwähnt wurde. Johann Weichard von Valvasor bemerkt dazu, dass die
Juden damals ȟberaus reich waren und mit den Venetianern, Ungarn
und Krabaten großen Handel trieben«. Um 1300 kam es zu mehreren
Pogromen, bei denen zahlreiche »Tempelherren« (Valvasor) erschlagen
oder erwürgt wurden. 1408 »ward ein Jude, der sich mit einer
Christin fleischlich vermischt [hatte], gefänglich eingezogen und nach
bestandener That mit dem Schwert hingerichtet«. Ende des 15. Jahrhunderts,
Ljubljana war katholische Diözese geworden, setzten erneut massive
Repressalien gegen die jüdische Gemeinde ein, die in der Vertreibung
aller Mitglieder und der Zerstörung ihres Bethauses gipfelten. Erst
im 18. Jahrhundert wurde das Niederlassungsverbot gelockert und siedelten
sich wieder einige Juden in der Stadt an. Bis zur Eröffnung einer neuen
Synagoge sollten aber noch weitere 300 Jahre vergehen. |
Anfang des 20. Jahrhunderts bildeten die Juden
in Ljubljana eine verschwindende Minderheit, die kaum gesellschaftlichen
Einfluss besaß, aber ständig Antisemitismus und Behördenwillkür
ausgesetzt war. 1910 wurden in ganz Slowenien nur 146 Juden gezählt,
wohl auch aufgrund des großen Assimilierungsdrucks. 1939 stieg ihre
Zahl auf 1.533, weil einerseits die relativ starke Gruppe der ehemals ungarischen
Juden aus Prekmurje hinzukam, und andererseits viele deutsche und österreichische
Juden in Jugoslawien Zuflucht vor den Nazis gefunden hatten. Die größte
jüdische Gemeinde mit 288 Mitgliedern lebte in Maribor, gefolgt von
Ljubljana mit 273 Juden und Murska Sobota, das 270 Juden zählte. |
Nach dem Einmarsch der Wehrmacht im Jahr 1941
wurden fast alle Juden Oberkrains und der Untersteiermark deportiert, während
sich die Laibacher Juden unter italienischer Besatzung relativ sicher fühlen
konnten. Das änderte sich schlagartig, als die Stadt 1943 von den Deutschen
okkupiert und »gesäubert« wurde. Nur wenige Juden entgingen
dem Vernichtungslager, es sei denn, es gelang ihnen die Flucht in ein von
den Partisanen befreites Gebiet. |
Nach dem 2. Weltkrieg zählte die jüdische
Gemeinde der Sozialistischen Republik Slowenien weniger als 100 Mitglieder,
von denen einige – Ironie der Geschichte – als »Volksdeutsche«
ausgewiesen wurden, wodurch sich ihre Zahl weiter dezimierte. Jüdische
Traditionspflege stand unter dem Verdacht reaktionärer Umtriebe und
fand hauptsächlich im privaten Rahmen statt. In Murska Sobota verfügten
die Kommunisten gar den Abriss der Synagoge. Dass die jüdische Kultur
wieder ins öffentliche Bewusstsein drang, ist unter anderem der Autorin
und Schauspielerin Berta Bojeta zu verdanken, die in den 1970ern ihre Identität
als slowenische Jüdin thematisierte und damit für Aufsehen sorgte.
Ihr Grab – sie starb 1997 – wurde vor wenigen Jahren mit Hakenkreuzen
beschmiert. |
Heute wird die Anzahl der in Slowenien lebenden
Juden auf 400 bis 600 geschätzt, von denen aber nur 150 der jüdischen
Gemeinde angehören, die meisten davon in Ljubljana. Noch viel geringer
ist der Anteil orthodoxer Juden. Einen Aufschwung erlebte die Gemeinde mit
der Eröffnung einer kleinen Synagoge und eines Gemeindezentrums in
einer ehemaligen Tabakfabrik im Jahr 2003. Hier trifft man sich zu religiösen
Feiern sowie zu Kulturveranstaltungen, Kochkursen und Vorträgen. Auch
ein jüdischer Jugendklub hat hier seinen Sitz. Religiöses Oberhaupt
ist der Rabbiner von Triest, der ein- bis zweimal im Monat anreist und mit
den Laibacher Juden den Sabbat feiert. An hohen Festtagen werden Ausflüge
nach Triest organisiert, um in der dortigen Synagoge zu beten und den Kontakt
mit der italienischen Gemeinde zu pflegen. |
|