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11.
06. 2011 | 08.30–17.00 | Dobratsch/DobraČ (AT) |
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HAUS-BERG-VERBOT |
Kunstaktion zur Erinnerung
an das »Judenverbot« am Kärntner Dobratsch im Jahr
1921 | Umetniška
akcija v spomin na leto 1921, ko je bil judom prepovedan dostop na
Koroški DobraČ |
Azione artistica in ricordo
del divieto agli ebrei di accedere al Dobratsch nel 1921 |
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Antisemitisches Plakat, das in
Anlehnung an die Kärntner Plakate an zahlreichen österreichischen
AV-Hütten affichiert war, 1921/22 (OeAV-Archiv Innsbruck). |
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Juden unerwünscht
von Werner Koroschitz |
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Die Pflege deutschen Volkstums und die
Vorherrschaft deutscher Kultur waren von Beginn an zentrale
Anliegen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins
(DuÖAV). Bei der im August 1872 in Villach abgehaltenen
Generalversammlung des Deutschen Alpenvereins wurde die »culturhistorische
Mission der Deutschen« hervorgehoben und daran erinnert,
»daß der Zweck des Alpenvereins nicht nur die Erklimmung
der Höhen, sondern auch die Verbreitung deutschen Geistes,
deutscher Bildung und Gesittung sei« (Jahrbuch des ÖAV,
1873). Beim 1907 in Jesenice abgehaltenen Treffen einiger Alpinvereine
– darunter auch die AV-Sektion Villach – beschlossen
die Teilnehmer die Herausgabe eines deutschen Gaststättenverzeichnisses,
damit deutsche Touristen ihr Geld nicht den slawischen »Volksgegnern«
zutragen. Der »Völkische Reiseführer durch die
Deutschen Siedlungen Südösterreichs« erschien
1914 in Klagenfurt.
Um 1900 begann man unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit
mit der Eindeutschung slowenischer Bergnamen. Der Historiker
Martin Wutte versuchte dabei den Nachweis zu erbringen, dass
der deutsche Name Villacher Alpe älteren Ursprungs sei
als die slowenische Bezeichnung Dobrač.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts versuchten einzelne Sektionen
des DuÖAV den Arierparagrafen in ihre Satzungen aufzunehmen.
Sie scheiterten aber am Widerstand des Hauptausschusses. Bei
der im Oktober 1919 abgehaltenen Hauptversammlung des DuÖAV
in Nürnberg beantragte die Sektion Villach die Einführung
des Arierparagrafen in die Satzungen des Gesamtvereines. Der
Antrag kam zwar wegen eines formalen Fehlers nicht zur Abstimmung,
in der darauffolgenden Diskussion wurde aber der Beschluss gefasst,
»daß den einzelnen Sektionen, die in ihre Satzungen
den Arierparagraphen aufnehmen wollen, kein Hindernis in den
Weg gelegt werden soll« (Protokoll der 20. Sitzung des
Hauptausschusses am 8. und 10. Oktober 1919 in Nürnberg).
Bei der am 11. Feber 1920 abgehaltenen Jahresversammlung beschloss
die Sektion Villach mit 53 gegen 6 Stimmen die Einführung
des Arierparagrafen in ihre Satzungen, der Nichtariern die Mitgliedschaft
verweigerte.
1921 kam der Arierparagraf auch bei der Wiener Sektion Austria
zur Anwendung, woraufhin die jüdischen Mitglieder austraten
und die Sektion Donauland gründeten. |
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Die vom Hauptausschuss des DuÖAV genehmigte Satzungsänderung
der AV-Sektion Villach, die nur noch Personen „deutscher
Nation und arischer Abstammung“ die Mitgliedschaft gewährte,
Wien, 23. Juni 1920 (OeAV-Archiv Innsbruck). |
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In den folgenden Jahren richtete sich die antisemitische Agitation
gegen die Sektion Donauland, u. a. protestierten die Kärntner
AV-Sektionen geschlossen gegen die Aufnahme der neu gegründeten
Sektion Donauland in den Hauptverband: »Wir Kärntner
haben die Gefahr, daß unsere Berge der Tummelplatz orientalischer
Eindringlinge werden, ohnehin immer vor Augen, da unsere Seen,
namentlich der schöne Wörther-See, fast zur Gänze
von Juden heimgesucht werden. Wir begrüßten daher
lebhaft, daß die Wiener und auch andere Sektionen den
Arierparagrafen in die Satzungen aufgenommen haben,« so
ein Schreiben der AV-Sektion Wolfsberg an den Hauptausschuss
des DuÖAV vom 10. Mai 1921.
Seit dem Sommer 1921 waren zahlreiche österreichische Alpenvereinshütten
mit Plakaten ausgestattet, die darauf hinwiesen, dass die Mitglieder
der Sektion Donauland von der Begünstigung der Hüttengebühr
ausgeschlossen waren.
Die Kärntner Sektionen beschlossen ihrerseits an ihren
Hütten Tafeln mit folgender Aufschrift anzubringen: »Mitglieder
der Sektion Donauland sind auf dieser Hütte nicht willkommen.«
Vom Hauptausschuss wegen der antisemitischen Plakate verwarnt,
formulierte die Sektion Villach folgendes Antwortschreiben:
»Im Vorhinein machen wir aufmerksam, daß die Sektion
Villach mit Bewilligung des Hauptausschusses den Arierparagraphen
aufgenommen hat und daher auch berechtigt ist, die Verwaltung
der Sektion und den Betrieb ihrer Hütten nach deutsch-völkischen
Richtlinien zu führen. Zu diesen Richtlinien gehört
selbstverständlich auch der Antisemitismus. Weiters weisen
wir darauf hin, daß mit dem Anschlag des Judenplakates
auch eine Warnung an alle jene rassenfremde Elemente beabsichtigt
war, deren Erscheinen auf unseren Hütten den alpinen Frieden
bedenklich stören könnte.«
Bedauernd wurde seitens des Hauptausschusses festgestellt, dass
»außer Subventionsverweigerung oder Ausschluss kein
anderes Zwangsmittel gegen die Sektion Villach zur Verfügung«
stehe.
Im Jahr 1923 fasste die Sektion Villach in der »Judenfrage«
den Beschluss, die bisherige Aufschrift »Juden und Mitglieder
der Sektion Donauland sind auf dieser Hütte nicht erwünscht«,
in »Juden ist der Eintritt verboten« umzuwandeln,
woraufhin die Sektion vom Hauptausschuss erneut aufgefordert
wurde, die Verbotstafel für Juden von den Hütten zu
entfernen.
Ein Jahr später teilte die Sektion Villach dem Hauptausschuss
lediglich mit, dass die Plakate künftig lauten würden:
»Der Zutritt von Juden ist nicht erwünscht.« |
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Die AV-Sektion Villach bekennt sich zu ihrer deutschvölkischen
und antisemitischen Tradition, Villach, 22. Juni 1922 (OeAV-Archiv
Innsbruck). |
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Der »Arbeiterwille« berichtete im September 1922
ausführlich über das von der Sektion Villach erlassene
»Judenverbot«: »Die Ortsgruppe Villach des
Deutschösterreichischen Alpenvereins hat vor längerer
Zeit das Schutzhaus am Dobratsch als Eigentum erworben. Seit
einiger Zeit prangen auf diesem Schutzhaus die Worte: ›Juden
ist der Eintritt in dieses Haus verboten!‹ Diese Aufschrift
ist natürlich mit dem Zeichen des Hakenkreuzes versehen.
Wie wir hören, wurde diese Aufschrift über Beschluss
der Ortsgruppe Villach an dem Schutzhause angebracht. Außerdem
soll die gleiche Ortsgruppe beschlossen haben, daß der
Pachtvertrag, der mit dem Pächter des Schutzhauses abgeschlossen
wurde, in dem Moment erlischt, wo der Pächter einem Juden
den Eintritt in das Schutzhaus gestattet. Es ist bezeichnend,
daß eine ganze Organisation einigen närrischen Schandkerlen
auf den Leim geht und einen solchen Beschluss fasst. Das kann
nur eine Organisation tun, die entweder von Kindern, von Trotteln
oder von gewissenlosen Lumpen geleitet wird.«
Tatsache ist, dass die AV-Sektion Villach im Deutschvölkischem
Arbeitsausschuss der Stadt aktiv mitwirkte. Dabei handelte es
sich um einen Zusammenschluss zahlreicher NS-Vorfeldorganisationen,
die nicht nur den völkischen Anschlussgedanken propagierten,
sondern auch gegen alles »Nicht-Arische« und »Entartete«
auftraten. Vor dem Gesamtverein vertrat vor allem Theodor Janisch,
Vorstandsmitglied des Villacher Alpenvereines, eine strikt antisemitische
Linie. Darüber hinaus war er Gründungsmitglied der
NSDAP-Ortsgruppe Villach und für diese von 1920 bis 1933
im Gemeinderat tätig.
Bei der 50. Alpenvereinshauptversammlung in Rosenheim im Juli
1924 stellte die Sektion Klagenfurt, die seit Mai 1922 den Arierparagrafen
in ihren Statuten führte, den Antrag auf Ausschluss der
Sektion Donauland aus dem Gesamtverein. Bei der daraufhin am
14. Dezember 1924 abgehaltenen außerordentlichen Hauptversammlung
des DuÖAV in München wurde die Sektion Donauland mit
1.663 gegen 190 Stimmen vom Gesamtverein ausgeschlossen.
Damit war auch für die Sektion Villach »ein Fremdkörper
aus dem Alpenverein entfernt worden, der die bisherige alpine
Tätigkeit gehemmt hat,« so die Villacher Zeitung
im Dezember 1924.
Der antisemitische Schulterschluss des DuÖAV war letztendlich
eine fatale Vorschau auf den bevorstehenden Holocaust. |
Werner Koroschitz |
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»Der judenreine Alpenverein«, Karikatur von
Paul Humploletz, in: »Der Götz von Berlichingen«,
Wien 1924 (OeAV-Archiv Innsbruck). |
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Als Jugendlicher liebte der Villacher Leopold Fischbach (1912–2009)
ausgedehnte Bergwanderungen. Der Zutritt zum Ludwig-Walter-Haus
auf dem Dobratsch blieb ihm aber als Jude verwehrt: »Ich
war einige Male auf dem Dobratsch, mit meinen Bruder oder einer
kleinen Gruppe. Jedes Mal, wenn wir hinaufgekommen sind und
irgend etwas trinken oder essen wollten, konnten wir nicht in
die Hütte hineingehen, weil da war eine Tafel, auf der
stand ›Hunden und Juden ist der Eintritt verboten!«
Interview mit Leo Fischbach am 4. 9. 2003 in Boca Raton,
Florida
Foto: Angelika Kampfer |
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